Köln. Das
deutsche Rechtssystem gilt als eines der besten der Welt – und doch
gibt es aus der Bevölkerung massive Kritik. Laut ROLAND Rechtsreport
2017 sind vier von fünf Deutschen (80 Prozent) der Auffassung, die
Verfahren an den Gerichten dauerten zu lange. 73 Prozent glauben, die
Gerichte seien ganz allgemein überlastet.
Die Studie in Kooperation mit dem
Institut für Demoskopie Allensbach untersucht alljährlich die
Einstellung der Bevölkerung zum deutschen Rechtssystem und zur
Mediation. 2017 wurde zudem analysiert, wie sehr sich die Bürger derzeit
durch den Terrorismus bedroht fühlen und wie sie die innere Sicherheit
in Deutschland bewerten.
Steigende Kritik an langen Verfahren und überlasteten Gerichten
Ob lange Verfahren oder überlastete
Gerichte: Beide Kritikpunkte werden heute wesentlich häufiger geäußert
als noch vor einigen Jahren. So gaben 2010 noch 74 Prozent an, dass
gerichtliche Streitigkeiten ihrer Meinung nach zu lange dauern – das
sind sechs Prozentpunkte weniger als 2016. Im gleichen Zeitraum stieg
der Anteil derer, die die Gerichte für überlastet halten, sogar um 13
Prozentpunkte.
Neben den bereits genannten
Wermutstropfen stößt der Bevölkerung auch die als ungleich empfundene
Behandlung vor Gericht auf. Fast zwei Drittel (62 Prozent) sind
überzeugt, man könne seine Chancen auf ein günstiges Urteil steigern,
wenn man Geld für einen renommierten Anwalt hat. Außerdem glauben 57
Prozent der Deutschen, dass die Rechtsprechung generell uneinheitlich
ist und vor allem vom zuständigen Gericht abhängt.
Auch die Gesetzgebung betrachten viele
als verbesserungswürdig. 60 Prozent der Bürger finden die Gesetze viel
zu kompliziert, ein normaler Bürger kann sie in ihren Augen nicht
verstehen. Davon abgesehen fordern die Deutschen härtere Strafen: 49
Prozent halten die Urteile der Strafgerichte für zu milde. Das gilt
insbesondere in Bezug auf jugendliche Straftäter. 58 Prozent wünschen
sich hier ein strengeres Durchgreifen der Justiz.
Prozesserfahrene bezweifeln Gleichbehandlung besonders stark
Gerade diejenigen, die in den letzten
zehn Jahren bereits an einem Prozess beteiligt waren – sei es als
Kläger, Beklagter oder Zeuge – gehen mit bestimmten Aspekten des
deutschen Justizsystems besonders hart ins Gericht. 69 Prozent der
Prozesserfahrenen sind sicher, dass ein bekannter Anwalt die Chancen auf
ein günstiges Urteil erhöht. Von den Bürgern ohne eigene
Gerichtserfahrung sehen das nur 61 Prozent so. Darüber hinaus denken
ebenfalls 69 Prozent derjenigen, die schon einmal bei Gericht waren,
dass das zuständige Gericht Strafmaß und Urteil maßgeblich beeinflusst.
Nur 53 Prozent derjenigen ohne Prozesserfahrung teilen diese Auffassung.
Übrigens: Mit 76 Prozent ist die
Mehrheit der Deutschen in Sachen Gerichtserfahrung ein unbeschriebenes
Blatt. 17 Prozent waren in den vergangenen zehn Jahren einmal an einem
Prozess beteiligt, weitere sieben Prozent sogar mehrfach.
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