Montag, 27. März 2017

Niewisch-Lennartz: „Wo Kindeswohl draufsteht, muss auch Kindeswohl drin sein!“

Niedersächsische Justizministerin Niewisch-Lennartz kritisiert den Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Kinderehe
Bei dem Parlamentarischen Abend am 27. März 2017 in der Niedersächsischen Landesvertretung in Berlin - zum Thema „Familienrecht im Zeitalter des Populismus. Roll-Back statt Fortschritt“ - machte die Niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz deutlich, dass dem Kindeswohl nicht nur der Form halber, sondern inhaltlich zum Durchbruch verholfen werden muss.
„Es ist eine vordringliche nationale wie internationale Aufgabe, den Schutz von Kindern und Jugendlichen zu stärken. Mit dem Krieg in Syrien und an vielen anderen Orten der Welt haben sich Kinder und Jugendliche auf die Flucht begeben, die unseren besonderen Schutz benötigten. Unter den Minderjährigen, die nach Deutschland gekommen sind, haben sich im Jahr 2016 auch 1.475 befunden, die bereits verheiratet gewesen sind“, führte die Niedersächsische Justizministerin ein.
Jetzt liegt auf Bundesebene der Entwurf eines  „Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderehe“ vor. Darin ist vorgesehen, die Ehe Minderjähriger als nichtig anzusehen, wenn einer der Eheschließenden das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Ehen, bei denen einer der Eheschließenden zwar das 16. Lebensjahr erreicht hat, jedoch noch nicht volljährig ist, sollen hingegen alle auf Antrag des Jugendamtes aufgehoben werden.
„Eine derartige Regelung kann dem Schutz der Kinder zuwiderlaufen, insbesondere wenn aus der Verbindung bereits Kinder hervorgegangen sind“, betonte die Justizministerin. Die Ehen der minderjährigen Kinder und Jugendlichen müssen differenziert betrachtet werden. Die Motive, die Eltern vielfach dazu veranlassen, ihre minderjährigen Töchter vor einer Flucht aus dem Krisengebiet zu verheiraten, müssen berücksichtigt werden. Es ist nicht gerechtfertigt die im Ausland geschlossenen Ehen unter Jugendlichen generell unter den Verdacht eines Verstoßes gegen den Ordre public zu stellen“, so die Ministerin weiter.
Dem Schutz der Minderjährigen kann bereits nach der derzeitigen Rechtslage zum Durchbruch verholfen werden: Die Ehen von Kindern und Jugendlichen könnten nach den Vorschriften des BGB bereits jetzt aufgehoben werden. Das Strafgesetzbuch verbietet die Zwangsheirat ebenso wie sexuellen Missbrauch und sexuelle Handlungen an unter 14 Jährigen selbst dann, wenn sie verheiratet sind. Das Jugendamt kann die Jugendlichen in Obhut nehmen und sie sicher unterbringen, wenn dies notwendig ist.
„Eine Ehe als nicht existent zu behandeln, verhindert, dass besondere Interessen der Kinder und Jugendlichen Berücksichtigung finden und lässt eine gerichtliche Überprüfung im Einzelfall nicht zu. Dies ist mit den Grundsätzen der UN Kinderrechtskonvention nicht vereinbar“, so Niewisch-Lennartz abschließend.
Die Veranstaltung: Zu dem Parlamentarischen Abend in der Niedersächsischen Landesvertretung in Berlin begrüßte der Dienststellenleiter Michael Pelke ungefähr 150 Teilnehmer. Neben der Niedersächsischen Justizministerin Niewisch-Lennartz hielt auch die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes und Präsidentin des Landgerichts Cottbus Ramona Pisal ein Impulsreferat. Zu der anschließenden Diskussion waren Jutta Wagner (Past Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes, Rechtsanwältin und Notarin), Claudio Nedden-Boeger (Richter am Bundesgerichtshof, Mitglied im Familiensenat) und Katja Keul MdB- Fachanwältin für Familienrecht, Rechtspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingeladen.



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