Samstag, 15. Januar 2011

über leih-arbeit




Bildunterschrift: politik der kurzen wege in hannover. direkt an der leine führt von der arbeitsgentur ein romantischer uferweg zur randstad-zeitarbeit, wo schon ein plakat im fenster grüßt "Arbeit finden, statt suchen".
hier strandete meine fleißige minijob-kraft, die dort ein angebot annahm, 8 stunden lang als lagerhelferin kleidung von esprit zu verpacken. kurz nachdem ich sie abgemeldet und eine neue mitarbeiterin gefunden hatte, rief sie an, die arbeit könne niemand durchhalten.





wenn ein kollege als leih-arbeiter dazu beiträgt, dass der andere vor die tür gesetzt wird, das ist bitter für alle beteiligten.
genau darauf läuft die derzeitige leiharbeits-reklame hinaus.
intelligenz wird fürs kapital eingesetzt und nicht für die menschen.
wie man in deutschland schon 2030 mit menschen umgehen könnte, hat die doku-fiction im zdf "aufstand der jungen" kürzlich gezeigt, die im spannenden regie-stil fassbinders und an manchen stellen gar tarantinos mal konkrete schwachpunkte wie gesundheitswesen, altenpflege, arbeitsmarkt, wohlfahrt dramatisierte. diese entwicklung muss abgewendet, sagt der film im abspann, muss unterbrochen werden.
zur zeit ist die leih-arbeit im fokus.
was dabei verdrängt wird: es geht vielfach um frauen.
in der altenpflege sind 87 Prozent frauen tätig, eine knallhart industrialisierte arbeit, weshalb die altenheime sich um jeden mann reißen, den sie bekommen können.

diese pflegekräfte haben keine Lobby. tausende von ihnen müssen sich jährlich berufsunfähig melden lassen. altenpflegerinnen haben längst kein selbstwertgefühl mehr.
alle menschen sind gleich? mit den frauen macht sich niemand gemein. sie stehen allein. am alleruntersten ende der arbeitsverhältnisse stehen immer frauen, dort, wohin selbst der unqualifizierteste mann nicht mehr hinwill.
helden der gesellschaft sind hingegen fußballer und rennfahrer(hinter denen zwar auch wieder ein riesiger industrieller (marchandising)-komplex steht, die aber dafür millionen erhalten).
"welche prioritäten setzen wir?", texte eine linke partei. leere formeln, denn der freie markt ist wieder gewinner der krise. und die leiharbeiter tragen das wirtschaftliche risiko.
was als job-wunder gepriesen wird, bereichert vor allem ADECCO, randstad oder Tina Voss und andere leiharbeitsfirmen.
die arbeitsagentur zeigt schon lange unpersönliches verhalten, nennt die arbeitssuchenden "kunden", dabei müssten sie bettler genannt werden.
wer erstmal als "arbeitssuchend" drin ist im computer, wird schnell zum spielball, ist der arbeitsagentur ausgeliefert, mit allen desaströsen Auswirkungen: "Lösen Sie doch Ihren Bausparvertrag auf und verbrauchen das Geld daraus".
sogar spd-politiker, schon seit der toskana-fraktions-ära von gerhard schröder nicht mehr für die arbeitenden da, beispielsweise ex?-spd-mann wolfgang clement, arbeiteten dabei dem kapital zu, verspielen die zukunft der menschen.
denn manager nehmen immer die billigsten leute, weil sie trittbrett auf der lohnsummen-agenda fahren.und die leute von arbeitsagentur und leiharbeitsfirmen haben ein problem mit jemand, der die industrie kritisiert.

leih-arbeit bedeutet: nie mit den gleichen kollegen zusammen sein; 20 jahre ohne festanstellung, erzeugt eine total gespaltene belegschaft.
an die familien dieser leute, wenn die auf montage müssen, denkt kein politiker. solidarisch sein? zusammenhalten? arbeiter werden einfach ver-diskontiert.
da gibt es ein vorstellungsgespräch bei der leiharbeitsfirma. die notieren deine handy-nummer und rufen an, wann und wie und für was sie wollen, wie bei einem roulette, im osten noch schlimmer als im westen bezahlt.

und die haupt-leidtragenden sind immer frauen. seit 3000 jahren ganz am ende in der lohnbewertung und immerdar? denn jeder niedriglohn kann bei frauen nochmal nach unten korrigiert werden.und dadurch sind kinder und jugendliche die leidtragenden Ihrer agenda 2010, herr schröder!
unsere zukunft sind die kinder. deshalb müssen ihre mütter besser behandelt werden. wann kapiert das endlich jemand? wir dürfen nicht weiterhin so mit unserer zukunft umgehen. kostenlose mahlzeiten für kinder, lehrmittelfreiheit, all das würde den leichtlohn-müttern wenigstens etwas helfen.
ganz schlimm hierbei die rolle der gewerkschaften. dennoch ist es ein fehler, den gewerkschaften etwa den rücken zu kehren. wenigstens dieser üble "christliche" gewerkschaftsbund, der mit wolfgang clement zu den lohndrückern gehörte, scheint endlich stigmatisiert zu sein.

dabei hat sogar ex-präsident bush in texas mindestlöhne eingeführt...

ein beitrag zur historie von billiglohn und leiharbeit lässt sich spannend in albert schweitzers briefen aus lambarene lesen. er schildert mitfühlend, wie die eingeborenen dort friedlich ihre dörfer bewirtschafteten, dann aber von den kolonialherren gezwungen wurden, an anderen orten zu arbeiten. die kapitalisten eröffneten läden mit tabak und schnaps in der nähe der arbeitersiedlungen. aus einsamkeit verbrauchten die zwangsverschleppten ihren ganzen lohn zur betäubung ihres heimwehs, kamen also mit nichts zurück nachhause als einem suchtproblem.

text und fotos: ingeburg peters

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