Sonntag, 28. Februar 2010

unheilig

vor über 15 jahren habe ich mal als freizeitbeschäftigung (im nächsten leben werde ich musikerin) an einem seminar gregorianischer gesang in loccum teilgenommen.
ich wollte dort ein meditatives wochenende verbringen, anfangs schien das auch zu gelingen, bis sich plötzlich zwei teilnehmende notorische brummer als journalisten der wochenzeitung "die zeit" outeten und uns zu interviewen begannen.
ich fühlte mich enorm gestört, aber nicht so beispielsweise der schauspieler henze von der theaterwerkstatt hannover, der meistens in stücken den bösen darstellt, weil diese rollen einfach reichhaltiger seien, und auch nicht eine pastorin, die käßmann ähnlich sah, deren namen ich aber vergessen habe.
ich wurde als futterneidische kleinkarierte ebenfalls-journalistin in die ecke gedrängt, obwohl ich an diesem klösterlichen ort gerade der berufsbedingten neugierde entfliehen wollte.
insgesamt war die atmosphäre dieses seminars latent erotisch (eine an der organisation beteiligte schwester beispielsweise glühte in ihrer ständig kundgetanen liebe zu jesus).
ich kam mir abends in meiner kammer wie ein doofes mauerblümchen vor, als ich hörte, welch reger interpersoneller verkehr auf den fluren stattfand.
etwa auch hier futterneid? kann schon sein.
am das seminar abschließenden abendmahl nahm ich äußerst widerwillig teil, eigentlich nur, weil die pastorin (stöhnte tags zuvor: ich bin schon wieder schwanger...)und andere mich dazu drängten.
ich verweigerte, leib und blut christi in form von hostie und wein zu mir zu nehmen,war schließlich wegen der wunderschönen gregorianik da, mit ihren winken und neumen, wollte am liebsten ganz abhauen, fand jedoch in dem gottverlassenen nest kein taxi.
schließlich fing ich an zu heulen, wie häufig in schiefen situationen, und ein junger frischgebackener pastor nahm mich letztlich in einer fahrgemeinschaft mit nach hannover zurück, der am steuer von einer plötzlichen erleuchtung/erscheinung/berufung berichtete, davor war er glaub' ich naturwissenschaftler gewesen.
bei diesen pastoralen bekenntnissen schnaubte die im fond des wagens sitzende schwangere pastorin verächtlich, während die hand des schauspielers aus dem fach der bösewichte auf ihrem oberschenkel ruhte.
eine nette frau aus dem seminar gab mir später recht, dass die stimmung dort ins allzu weltliche gekippt sei.
letzte woche nun rief mich lydia harder von der sonntagszeitung der frankfurter allgemeinen an, sie habe in meinem blog gelesen, und befragte mich in zusammenhang mit dem käßmann-fall vor allem zur autostadt hannover (vw,conti,phaeton, radfahren, friedensbewegung usw.) und der stimmung hier.
ich sprach daraufhin vor einer pressekonferenz kolleginnen diesbezüglich an, die einstellungen schienen insgesamt eher gegen käßmann gerichtet.
und meine haltung?
gestern habe ich etwas über die (erotischen) zumutungen geschrieben, die pastorinnen oft zu erleiden haben.
da wollte ich heute ergänzend berichten, dass nicht alle dies lamm-fromm hinnehmen, sondern ihrerseits manchmal aktiv werden.

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