Sonntag, 20. Februar 2011

über dünkel

großbürgerliche kreise lernen durch osmose.
bildung wird dort in der umgebung aufgesogen, nicht durch einpauken erworben.
da können arbeiter- und migrantenkinder oder frauen ohne lobby noch so gute bildungsabschlüsse aufweisen; wenn es ans eingemachte geht, an die gut bezahlten, wichtigen stellen, verteilt diese klasse wie eh und je die posten unter sich.
insofern amüsiere ich mich sehr über den guttenberg-hype.
seine ignoranz ist doch gar nichts besonderes.
obwohl der adel in deutschland abgeschafft ist, sammeln sich in der nun immerhin noch großbürgerlichen kaste nach wie vor die leute mit dem von und zu am namen, kombiniert mit akademischen graden und oft auch mit saturiertem finanziellem hintergrund.
ich kenne einen solchen fall, da sagte mir die mit all den genannten insignien begünstigte mutter gut gelaunt, ihre tochter sei dumm, aber das mache gar nichts: "wenn sie englisch lernen soll, schicken wir sie an den ort, wo die tafeln unserer ahnen an den gebäuden hängen".
ich könnte diese äußerung präziser formulieren, habe aber schon genug ärger.
mich fragte ein anderer: "wo lassen Sie denn arbeiten?" und meinte die 'richtige' schule für unsere kinder, dabei bewusst mitschwingend die degradierung des lehrerkollegiums zu lakaien.
nach marion (gräfin) dönhoff als angeblicher demokratin werden schulen benannt, ihre gutsleute aus weinings aber wissen anderes zu berichten, dass sie nämlich ihren treck im stich gelassen hat und später keinen finger rührte, als es um den lastenausgleich ging, obwohl ein paar einfache auskünfte hilfreich gewesen wären.
eine verwandte von mir hat in den adel geheiratet, und das ehepaar ist sich einig, dass bei aller demokratie solch ein name doch überall vorteile einbringt.
stimmt. die deutschen sind so dumm.
in der bekanntschaft verfasste eine inzwischen verstorbene alte dame eine doktorarbeit mit summa cum laude über das genossenschaftswesen; ihre söhne hatten jedoch nur die doktorarbeit des vaters archiviert, der einen tot-langweiligen text über statistische werte in webereien schrieb. verwandte von ihm betrieben eine weberei (siehe oben: osmose). ich habe die arbeit der mutter, die sie schon zum verbrennen weggelegt hatte, leichtsinniger weise an mich genommen und an den verband der wohnungsunternehmen weitergegeben.
obwohl sie sie mir geschenkt hatte: was da plötzlich los war, als das bemerkt wurde! ich hätte das widerrechtlich getan, undundund.
trotzdem meine ich, dass dünkel nicht zwangsläufig schicht-spezifisch ist.
zwar kenne ich mehrere familien, deren (weibliche)hausangestellte den gesamten haus-stand mit großem fleiß wuppten, und die verachten allesamt bis zum heutigen tag menschen unter ihrem stand und insbesondere frauen; natürlich nicht vordergründig, da sind sie sozial, charmant und voller charisma. aber ich kenne sie ja genauer...
kenne allerdings auch einen soziopathen, der bravourös seine volksschulbildung und armut zum sokratismus hochstilisiert. auch hier maßloser dünkel, vielleicht ein erbe unserer deutschen politischen vergangenheit?
und by the way: sogar carsten maschmeyer hat den ehrendoktor-hut...
ip

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