abends nach der arbeit lese ich gern in einem antiquarischen buch "selbstzeugnisse" von albert schweitzer. er schildert dort beeindruckend, wie fleißig die "neger" in ihren dörfern waren, wenn es ans turnusmäßige roden ihrer felder ging, oder wenn sie 36 stunden am stück rudern mussten, um einen schwerkranken zu ihm zu bringen. aber auch ihre feste genossen sie ausgiebig und ausdauernd.
die weißen kolonialherren aber, die mit ihren waren fast alle krankheiten erst einschleppten, die zuvor in afrika unbekannt waren, wollten die schwarzen zum arbeiten gegen lohn zwingen. zu dem zwecke verschleppten sie sie tausend kilometer weit, damit sie nicht in ihr dorf zurück konnten. die dadurch depressiv gewordenen legten ihr ganzes verdientes geld in schnaps an, der zusammen mit tabak und tand in den läden der kolonialherren angeboten wurde. auch die superintelligenten unter diesen naturkindern, die komplizierte Rechen- und Schreibarbeiten zu erledigen hatten, zerbrachen an der widersprüchlichkeit ihres neuen arbeitslebens.
erinnert Sie das an etwas? mich schon. unser mercedes-stern wandert gerade nach amerika, die heimische deutsche wirtschaft geht rasant zu boden. wenn Sie verstehen wollen, was noch auf uns zukommt an verelendung, lesen Sie das buch des jahrhunderts der journalistin naomi klein "die schockstrategie".
tipp: am 8. dezember im literatursalon eine abendveranstaltung zum thema gesellschaftliche ursachen von depression.
und nun zur aufmunterung noch ein zweiter kultur-tipp: schauen Sie sich Wagners "rheingold" im opernhaus an, es reicht ein preiswerter platz auf einem der oberen ränge völlig aus. hannover galt schon immer als wagner-hort, aber diese inszenierung des australischen regisseurs Barry Kosky, der dafür jetzt den theaterpreis "der faust" erhielt, ist einfach göttlich. die rheintöchter tanzen als ballett nach art der folies bergère, allerdings mit kräftigen körperproportionen, wotan (tobias schabel) singt göttlich in badehose und einige halb-götter zeigen in bermudashorts mächtige waden, während alberich in einem heavy-metall- shirt der iron-maiden agiert. es kommen auch wichsende neger vor, ja wirklich.
und das thema, der fluch des geldes, ist wiedermal hochaktuell. das zeichnet große kunst ja aus, dass sie im laufe der jahrhunderte immer wieder neu inszeniert werden kann, bei aller aversion gegen wagner, die viele wegen seines anti-semitismus haben.
staatsoper-pressechefin dr. gostomzyk jedenfalls rotierte zur premiere, die international massenhaft angereiste presse zu umsorgen. Hut ab für sie, generalmusikdirektor Wolfgang Bozic, ausstatterin katrin lea tag und intendant dr. michael klügl und das ensemble des opernhauses hannover, das alle Aufführenden aus den eigenen reihen besetzen konnte.
und wie gesagt, keine angst vor wagner, hannovers rheingold ist es gelungen, aus dem macht-thema eher eine komische oper zu machen, trotz originalgetreuer musik und textvorlage. wenn nichts mehr geht, was macht man dann? man lacht ein wenig zur lockerung des zwerchfells.
einige alte stramme wagner-konservative allerdings schlurften verbittert während der standing ovations verfrüht zur garderobe...
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