Dienstag, 29. November 2016

Über Kreativität



oder, Du sollst doch nicht cheaten! – oder: 2017 ist 50. Flohmarktgeburtstag
Von Ingeburg Peters


Nicht nur, dass Bill Gates all die genialen Original-Fotos in seinem Schrein verschlossen hält. Es geht uns Kreativen ganz allgemein so, dass unsere Ideen die heißeste Hehler-Ware überhaupt sind. Mehr noch als beim Geld der Sparer wird bei den Kreativen geklaut. Denn eins kann Google, können die Medien, die Stadtverwaltung nicht: Kreativität selbst produzieren, so sehr man auch sonst alle Massenware in Massen produzieren kann. Da brauchen sie uns immer noch. Aber bezahlen wollen sie es nicht.
Nachdem meine Ihme-City-Zeitung im Titel jahrzehntelang den Slogan „Die Zeitung mit den guten Ideen“ hatte, änderte ich das ab in „Die Zeitung mit den kreativen Impulsen“, weil ich mit schöner Regelmäßigkeit sehen konnte, wie meine Ideen die Runde machten und in konkrete Projekte mündeten. Das ist an sich sehr erfreulich, aber der arme Poet auf dem Dachboden nimmt sich nur als Spitzweg-Gemälde schön aus. Freunde wiesen mich gelegentlich auf „Entlehnungen“ hin, ein ehemaliger Auszubildender auf die Schlagzeilen-Anreißer im Titel, die ich zuerst verwendete, eine Journalistin „Das mit dem Parkpflegewerk Georgengarten, das warst Du doch, Inge“ usw. 1999 veröffentlichte ich das Büchlein „Mein Hannover“, eine lange Reihe ähnlicher „Impulse“ finden Sie auf der Website www.regionalmedien.de. Kollegen greifen auf mein Twitter zu und wie von wundersamer Hand entwickeln sie die dort aufbrachten Themen redaktionell aus, was ich als Einfrau-Betrieb nicht leisten kann.
Oder nehmen wir als historisches Beispiel den inzwischen verstorbenen Reinhard Schamuhn als Flohmarktgründer Hannover:
Am 9. Juli 2007 schrieb Stephan Weil an Reinhard Schamuhn (er stellte mir eine Kopie zur Verfügung), der nach Uelzen emigriert war, auf dessen Geburtstags-Einladung hin, : „Ich war gerne zu Gast bei den Geburtstagsfeierlichkeiten unseres Flohmarktes am Leineufer. Wenn es meine Funktion und mein doch immer sehr enger Terminkalender zulassen, werde ich aus heutiger Sicht auch im Jahre 2017 zum 50. Flohmarkt-Geburtstag gerne wieder dabei sein. Ich gehe jedoch davon aus, dass sich auch vor dem Jahr 2017 unsere Wege erneut kreuzen.“
Man beachte den Ausdruck „unseres Flohmarktes“. Das ist den Ausbeutern der Kreativen Ideen wichtig, dass sie ihr Besitz bleiben. Man hat die Hosen voll, Angst vor Schamuhn und mir und all denen, deren Ideen geklaut werden, und die nie einen Cent sehen.
So wie auf überregionaler Ebene Bill Gates die Ideen von Steve Jobs vermarktete, so wird mit Schamuhns Flohmarkt für Hannover Kasse gemacht. Die Stadt griff eine Millionen-Einnahmequelle ab, benannte aber dennoch das Flohmarkt-Ufer mit den Nanas nach ihrem angestellten Lakaien, „Image-Pfleger“ Mike Gehrke und erst durch mein journalistisches Einwirken wurde die dortige Brücke nach dem Straßenkunst-Erfinder und Gehrke-Auftraggeber Martin Neuffer benannt.
Ich selbst habe übrigens aufgrund des Gedankenguts von Schamuhn den 1. Kunstmarkt Deutschlands im Ihme-Zentrum veranstaltet, wo ich damals einen Werbe-Wettbewerb gewonnen hatte.
Der große Absahner dieser Verhältnisse aber ist mittlerweile Google, der die Bürgerjournalisten und sonstigen Kreativen in ganz großem Stil ausbeutet.
Kreativ sein und die eigenen Ideen gleichzeitig gewinnbringend vermarkten, können nur wenige (vielleicht John Cleese von Monty Python), weil das ein ganz anderer Modus ist. In den umzuschalten bedeutet, Spontaneität und Intuition zu verlieren.
Während ich das jetzt schreibe und veröffentliche, klingeln schon wieder bei allen, die es lesen werden, die Glocken: 2017 ist 50. Flohmarktgeburtstag: Da müssen wir werblich aktiv werden. Brauchen wir ja niemand erzählen, dass es einem Text von Frau Peters zu entnehmen ist. Haben wir selbstverständlich immer schon im Auge gehabt, steht ja in dem Weil-Brief, nur gerade mal vergessen…
So wie durch mein dem Bezirksrat Mitte vorgestelltes DichterDenkerProjekt der 150. Todestag Friedrich Rückerts (und manches andere) „entdeckt“ wurde, zum Beispiel erst durch meinen Vorschlag eines Humboldt-Shops der Leibniz-Shop ins Leben gerufen wurde und nun Schlager ist.
Konnte als Ein-Frau-Verlag (also Personalunion mit der Redaktion) enorm viel für Hannover bewirken, wo Redakteure anderer Medien in ihren Tendenzbetrieben dies nicht vermochten. Oft ging das mit der Aufkündigung von Anzeigen-Aufträgen einher, was ich aber bewusst in Kauf nahm, so lange ich Ausbund an Genügsamkeit es mir irgendwie leisten konnte.
Auch dieser Text gereicht mir nur dazu, Heiligabend in der Leibniz-Kirche (meine Namens-Idee!!!) so gut es geht ignoriert zu werden. Allenfalls wird man meine Familie begrüßen, das ist gefahrloser. Und die Familie wiederum will sich mein Lamento nicht mehr anhören.
Schon Ovid- oder war es Plinius? - schrieb, man müsse sich in den Vorhöfen der Macht aufhalten, um Erfolg zu haben. Doch was ist der Preis? Inzwischen kaufen sich Milliardäre einfach kreative Journalisten ein. Fertig. Klappe zu, Affe tot. „Success is for losers“, die Aussage stimmt in diesem Sinne ebenfalls durchaus.
„Hannover machen“ fahndet jetzt unter den Bürgern nach guten kostenlosen Ideen...



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