irgendwie find ich das gut, dass die zeitungen durch blogger und twitters endlich mal von ihrem hohen ross herunterkommen, auch und gerade weil ich selbst eine zeitung herausgebe. als nestbeschmutzer galt ich sowieso schon immer, das macht mir nichts.
für mich ist das internet eine enorme befreiung. ich kann jetzt tatsachen vermelden, die wichtig sind, aber höchst selten in einer zeitung platz bekommen.
und was heißt denn überhaupt objektivität? sie wird in den medien doch nur vorgetäuscht.
da gab es den alten witz, wie das möglich sei, dass immer täglich alles gerade in eine zeitung hineingeht.
so blöd ist die frage gar nicht. denn was hineinkommt in eine ausgabe, scheint immer mit dem nimbus des wichtigen versehen.
aber in wirklichkeit waren wir alle schon immer content-journalisten, die also irgendeinen passenden inhalt zusammenklaubten. ich weiß noch, wie ich als gerade erst eingestellte volontärin bei der damaligen hannoverschen presse mutterseelenallein das vermischte für den nächsten tag zusammenstellen musste, während sich die redakteure zuprosteten. ich hab das dennoch gut gemacht, die setzer und metteure mochten mich, es gab kaum übersatz.
nach einem norwegen-urlaub bot ich damals auch unserer reiseredaktion einen bericht an. er passte gerade ins anzeigenkonzept und wurde genommen. und so weiter.
oder der spiegel geruht ausnahmsweise, den neuesten konsumklima-index zu hinterfragen, und wir erfahren, dass zum beispiel höhere energiekosten diesen ansteigen lassen, hahaha...im gegensatz zum einzelhandelsindex.
scheins eine edle journalistische tat vom spiegel, aber mehr oder weniger mit dem zufallsgenerator erzeugt.
mein nachbar, ein gestandener alter journalist in rente, ließ sich schon immer seine texte vom informanten fast diktieren, je druckreifer desto besser, und gab sie dann bei allen drei damals in hannover vorhandenen tageszeitungen in druck: allgemeine, presse und rundschau.
also wozu das geschrei über unseriöse internet-quellen?
nie zuvor hatte das volk so viele möglichkeiten, seine beobachtungen zu artikulieren.
und dass es gut beobachten kann, zeigen die sehr erfolgreichen bürgeraktionen von bild und spiegel ("einestages"). wenn jetzt zeitungen über deren mangelnde journalistische qualität lamentieren, ist das purer egoismus.
journalisten neigen zur selbstdarstellung, zu maßloser eitelkeit. worauf aber bilden sie sich eigentlich so viel ein?
ich zähle mich auch zu den gut ausgebildeten journalisten. aber am meisten freude machte und macht es mir immer, wenn ich einen wirklich authentischen bericht in die hand bekomme, und sei er noch so schlecht geschrieben. wie oft habe ich mich stundenlang an einen solchen text gesetzt, den beispielsweise ein mitarbeiter in den papierkorb warf, weil er ihn schlecht formuliert fand, ich aber den berichtenswerten kern erfasste.
absolut lesenswertes internet-medium ist zum beispiel telepolis, der newsletterdienst vom hannoverschen heise-verlag.
redaktionell ist er nicht selten schlecht durchredigiert, oft sind die texte zu lang, zu ungünstig umbrochen, but anyway: it fits. keep it up!
klar - es gibt immer noch genug leute, die im gartentheater herrenhausen mit der tageszeitungs-rezension zur heutigen aufführung als biblischer losung auf den knien sitzen. solche ferngesteuerten wird es immer geben.
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