Freitag, 24. Februar 2012

freitags-blues

meinungsbilder werden täglich mit informationen folgender art zugeschüttet: Die Negativbilanz bei "Germany's Next Topmodel" setzt sich fort: Nach dem schwachen Staffelstart und der enttäuschenden zweiten Folge ersparten sich jetzt  200.000 Gesamt-Fans im Vorwochen-Vergleich die dritte Ausgabe: Diesmal stöckelten nur 1,85 Mio werberelevante ProSieben-Zuschauer mit, der Marktanteil sank von 16,3% auf ziemlich ernüchternde 14,7%.
geht Ihnen, lieber zuschauer, da irgendwann ein licht auf, wozu Sie missbraucht werden?

in diesem zusammenhang fällt mir noch kurt morawietz' kurzgeschichte "die sonntagsmaschine" ein, die ich schon in  den 80ern in meinem kulturmagazin mittendrin druckte.
dazu zeichnete damals die  grafikerin brigitte nolting eine wunderschöne detailreiche illustration, wie die menschen mit ihren autos in den abgrund der sonntagsmaschine fahren.

allenthalben armut in hannover, nicht zu übersehen: hinter einem kleider-container ziehen sich zwei sehr junge männer komplett um, nachdem sie zuvor offenbar die rückseite desselben abgeschraubt hatten.
einige stunden später dasselbe theater nochmal mit zwei sinti-(? französischer sprachraum) oder roma-frauen (?osteuropa-eingewandert).
auf der straße erklärt einer einem anderen, wie er seine alkohol-fahne wegzubekommen versucht hat: "hab ne halbe flasche listerine getrunken".
der andere: " was ist das denn? " "na dies mundwasser-zeug".
am kröpcke komme ich mir vor wie eine ameise gegenüber dem gigantesk-faschistoiden neubau dort. alle anderen gebäude rundum versinken nun in schmutzige nichtigkeit.
am platz der weltausstellung tickt die weltbevölkerungsuhr und macht mich so aggressiv, dass ich spontan ein prosa-gedicht verfasse:

der tag, an dem die menschen überflüssig wurden;
und die kindermädchen - überflüssig.
und die sex-affären sich in den schwanz bissen.
als die bräute einfach irgendwen küssten,
journalisten - lächerlich wie schießbudenfiguren -
zum abschuss freigegeben waren.

das war der tag,
an dem alle worte überflüssig wurden.

nur als reklame im bereich soziales engagement für den stifter dirk rossmann und seine drogerien erscheint mir auf einmal die bevölkerungsuhr. denn warum steht nicht eine zweite zeile drunter, dass bei jedem nervösen wimpernschlag irgendwo auf diesem planeten ein kind verhungert.

ich ging neulich zu einem gruppentanzabend, um mich aufzuheitern. heute abend findet etwas ähnliches an anderem ort statt.
zuerst tanzten wir samba und weitere fröhliche rhythmen. dann kam der sanfte teil.
unversehens fand ich mich in einer kuschelgruppe wieder, wie sie inzwischen in esoterischen magazinen häufig angeboten werden. ganz harmlos, nicht etwa wie die bei foucault in san francisco.
nun hatte ich aber weder vorher geduscht noch mundwasser genommen und als ein wildfremder mann mir einen kuss auf den handrücken gab, war mir das zuviel, so emotional von null auf 100.

ach ja, zwei aus der kuschelgruppe wollten zusammen in urlaub: all inclusive.

auf dem heimweg will mich ein jogger in kapuzenjacke angreifen. ich gehe intuitiv in tai-chi-stellung, da murmelt er: die macht einen auf kung fu - und ich bin gerettet.

vorm haus vergammeln exemplare der führenden tageszeitung, die offenbar jemand abonniert, aber nicht reingenommen hat, noch nichtmal der wochenendausgaben erbarmt sich einer.
was für mich ein licht auf die zukunft der zeitungen wirft, die den elektronischen medien hoffnungslos hinterher klappern. schade, denn ....siehe oben/anfang.

ip

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