Montag, 15. August 2011

die liebe der soldatenfrauen

ich bin noch ein relikt der flowerpower-generation. manchmal sprechen mich junge leute an, was ich damals bei der woodstock-musik gefühlt habe, als ob mir das auf der nasenspitze abzulesen sei.
nun - ich spiele vieles davon immer noch auf der gitarre und singe dazu, auch das beatles-songbook rauf und runter. dabei kommen mir aber manchmal die tränen, weil yoko ono recht behalten hat, dass diese songs romanzen-süchtig machen.
stattdessen ist das perverse wort "front" wieder eingezogen in unseren alltäglichen sprachgebrauch. katrin schwarz zum beispiel hat im adatia-verlag jetzt ein buch mit dem titel "ich kämpf' mich zu dir durch, mein schatz" - briefe von der heimatfront (2000 - 2010) herausgegeben. es handelt sich überwiegend um liebesbriefe von frauen, schwestern, müttern an ihre bundeswehrsoldaten, die in afghanistan, im kosovo oder vor somalia im einsatz sind.
wenn frauen zu sehr lieben..., denke ich spontan beim lesen der ersten sätze an einen bekannten bestseller-titel. und mich ergreift das blanke entsetzen, weil besonders hier so überdeutlich wird, wovon männer im allgemeinen zehren: von der zuwendung der frauen. und nun wiedermal im dienste des krieges? sie berichten von ihrer situation, dass sie sich wie in einer sado-masochistischen beziehung fühlen, wenn die kunde von einem dort umgekommenen soldaten kommt. ist es mein freund/mann/bruder/sohn, den es getroffen hat? die nackte angst gehört zu ihrem täglichen leben.
in den briefen aber schwingt bereits so viel verdrängung mit, da ist der schritt doch nicht mehr fern, richard wagner aus seiner diktator-oper rienzi zu zitieren: "furchtbar entschied das schlachtenlos, das feind und freund darniedertrat." solches pathos ist offensichtlich wieder im kommen und ein akt vollkommener realitätsverleugnung, denn es geht um globale wirtschaftsinteressen, wie ex-bundespräsident köhler es (zu?) ehrlich ausdrückte.
wollten wir deutschen denn nicht endgültig damit aufhören? hat der im zweiten weltkrieg an die "weihnachts-front" zurückgekehrte mir bekannte familienvater nicht sein gewehr zerschlagen und rief "nie wieder krieg"?
stattdessen geht die romantisierungs-scheiße, die emotionale ausbeutung der frauen an der "heimatfront" wieder los: Jasmin schreibt da 2009 "Ich möchte, dass Du weißt, wie sehr stolz ich auf Dich bin und dass ich die Zeit allein für Dich immer wieder aushalte". oder eine andere: "Ich liebe Dich über alles, mein Held." Oh bitte nicht, nicht schon wieder diese Traumata im Namen der Liebe.
Ingeburg Peters

Katrin Schwarz engagiert sich seit dem Jahr 2000 ehrenamtlich für die Interessen von Soldatenfamilien und gründete dazu eine Internet-Präsenz unter dem klischeeschwangeren namen www.frauzufrau.de.



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