Interview mit dem Anthropologen Johannes Wilm, Mexiko-City
www.johanneswilm.org
Ingeburg Peters (IP): Ich stelle mir das schwierig vor, als Anthropologe politisch tätig zu sein...
Johannes Wilm (JW): Gerade in Nicaragua, wo ich lange gearbeitet habe, gibt es nur politische Anthropologie, auch die Hilfsorganisationen in der ganzen Welt sind hochpolitisiert.
Wenn das nicht zugegeben wird, liegt es daran, weil sie die lokalen Faschisten unterstützen.
In Thailand sprach ich gerade erst mit einer dort arbeitenden Mitarbeiterin. Sie erzählte, westliche NGO-Aktivisten klagten 2001-5 über Mangel an "Demokratie", als Thaksin an der Macht war. Dann gab's einen Militärputsch 2006, und da waren alle froh.
Jetzt sieht's so aus, als würde Thaksin wieder per Wahlen zur Macht kommen, und schon geht das Geklage los.
In Nicaragua ist es kaum anders. Dort wird auch ein Mangel an "Freiheit" beklagt . Aber was eigentlich abgelehnt wird, ist, dass die Regierung sich auch in der Entwicklung des Landes engagiert.
IP: Das ist ja furchtbar.
JW: Man mochte es lieber, als die Regierung nur korrupt war, und NGO's als Selbstverwirklichungsprojekt irgendwas Kleines aufbauen konnten.
In Nicaragua zum Beispiel gibt es 4500 NGOs - bei 5,7 Millionen Einwohnern, die wollen am liebsten einfach so alleine drauflos agieren, graben beispielsweise einen Brunnen, ohne dies der Regierung zu melden und ohne eine Dokumentation zu hinterlassen. Was im Klartext heißt: keiner weiß danach, ob das Wasser getestet wurde oder wo man Ersatzteile herkriegt.
Oder solche populären Aktionen: man versammelt die Einwohner eines kleinen Abschnittes einer Straße. Die westliche NGO-Mitarbeiterin instruiert alle, mal zu malen, was sie sich alles wünschen und dann mit den anderen zu diskutieren.
Dabei gibt es bereits solche direkten Demokratie-Institutionen der Regierung, aber die werden einfach ignoriert. Nach dem Malen sagt die NGO-Mitarbeiterin Tschüss. Sie hat für den Tag Arbeit vielleicht 150 Euro bekommen, solche gemalten Wünsche werden natürlich nie Wirklichkeit oder irgendwie weitergeleitet. Sie kann nun das Treffen auf ihrem Lebenslauf als 'Entwicklungshilfe geleistet' angeben .
Ja, das ist ziemlich furchtbar. Besonders deshalb, weil diese NGO-Leute normal politisch Grüne oder Die Linke wählen. Vielleicht noch SPD. Aber in der 3. Welt unterstützen sie halt ohne darüber nachzudenken jeden rechts-faschistischen Militärputsch.
IP: Was ist dein Fazit?
JW: Es nicht möglich, mit der 3. Welt zu tun zu haben, ohne dabei politisch zu sein.
Und dass diese 3. Welt-NGOs nicht mehr alle Tassen im Schrank haben.
IP: Hier werden aber auch die LONSDALE-Shirts immer mehr.
JW: Die LONSDALE Leute sind ja sicherlich nur etwas zurückgeblieben, aber NGO-Mitarbeiter sind hoch-intelligent. Alle haben sie einen Mastergrad.
Die wissen vielleicht selber nicht mal, wie faschistisch sie sind. Ihre Handlungen sprechen aber für sich.
Interview-Ergänzung der Redaktion: Eine Studentin schickte folgenden Link mit den Worten "Hier mal wieder eine harte Wahrheit zum Thema Fehleinsatz von NGOS":
Video zu Monsanto-Land
http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/3517136?documentId=7495082
Ich selbst habe mit der DUH, Deutsche Umwelthilfe, welch ein wohlklingender Name, seltsame Erfahrungen macht.
Ingeburg Peters
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