Samstag, 23. Mai 2009

nachtrag zum vatertag

mein vater war malocher. ich bin die tochter des malochers, da verdoppelt sich die dialektik: arm von haus aus und weiblich noch dazu.
er sagte mal: "du wirst geboren, machst die augen auf, siehst dich um und willst wieder zurück."
schon als junger vater vergiftete sich im bleiwerk goslar, fuhr täglich dutzende von kilometern mit dem fahrrad zur arbeit, um seine junge familie zu ernähren (meine mutter, mich, später noch drei weitere töchter), arbeitete in verschiedenen raffinerien und zum schluss sagte er zu einem bürgerlichen lebemann: "statistisch gesehen erreichen nur 50 prozent das rentenalter, also - wer von uns beiden wird nun die rente nicht mehr genießen können?".
die frage hätte er gar nicht zu stellen brauchen, und sie hat sich natürlich inzwischen lange beantwortet.
die Antwort kann sich jeder, ohne den geringsten einsatz von phantasie, denken.
dazu die doppelte ironie: mein vater hat ein ganzes langes berufsleben lang immer in die rentenkasse eingezahlt, der bürgerliche nie...
und nun herrscht heute mehr angst denn je unter den (fach)arbeitern. das spd-europawahl-plakat mit dem mann an der drehbank empfinde ich als verarschung.
wie ein mantra beten sich die kleinen leute vor, dass deutschland doch ein sozialstaat ist und vorbildlich. das war er aber nur bis vor kurzem.
was nun kommt, erläutert der Journalist Markus Breitscheidel am Montag, 25.05. im hannoverschen Literatursalon am Königsworther Platz. Er gibt Einblicke in den Niedriglohnsektor:
Für sein neues Buch Arm durch Arbeit hat sich Markus Breitscheidel als
Leiharbeiter in die Mühlen des sogenannten Niedriglohnsektors begeben.
Bereit und gezwungen jeden Job anzunehmen, war er auf der Suche nach Arbeit
als Produktions- und Erntehelfer unterwegs, subventioniert vom Arbeitsamt,
das seinen „verdienten“ Lohn immer wieder aufstocken musste. Anhand von
Gesprächen mit Kollegen und durch Fallbeispiele Betroffener schildert
Breitscheidel seine Reise durch ein marktradikales und entsolidarisiertes
Land. Auch hier belässt es der Autor nicht bei einer reinen Schilderung der
Verhältnisse, sondern macht Vorschläge für einen Weg zu einer würdigen neuen
Arbeitsgesellschaft.


Ort: Leibniz Universität Hannover, Königsworther Platz 1, Conti-Foyer
Eintritt: € 7,-, erm. € 5,-.
Einlass: 19 Uhr | Beginn: 20 Uhr



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