Sie haben die aktuelle Diskussion bezüglich des Stresstests in den Medien verfolgt. Die NORD/LB muss sich dem Stresstest stellen. Die Umstände dieses von der neuen Europäischen Bankaufsichtsbehörde „EBA“ veranlassten Tests sind intransparent und unseriös.
Bis gestern Abend musste die Bank ihre Daten abgeben, obwohl sie erst vorgestern um 12:38 Uhr die Unterlagen erhalten hatte, aus denen sich die Eckdaten für den Test ergeben.
Die NORD/LB hat sich in den letzten Monaten intensiv auf die neuen Anforderungen gem. Basel III vorbereitet. Sie hat Maßnahmen zur Kapitalisierung getroffen, die im Quartalsbericht zum 31.03.2011 belegen, dass die Liquidität der Bank gut ist und die Kapitalausstattung in vollem Umfange den gesetzlichen Anforderungen mehr als gerecht wird. So verfügt die NORD/LB im Konzern insgesamt über ein Eigenkapital von rd. 9,5 Mrd. Euro.
Die EBA zählt leider anders. Die stillen Einlagen in Höhe von 2,8 Mrd. Euro werden schlicht gestrichen, obwohl Basel III eine Übergangsfrist bis 2022 vorsieht. Nach geltendem Recht sind stille Einlagen noch bis 2040 als Kernkapital anerkannt
(§ 10 Abs. 4 KWG i.V.m. § 64 KWG). Damit hebelt die EBA das deutsche Recht seit gestern total aus!
Auch nicht die realen Verhältnisse zum 31.03.2011 sondern die zum Stichtag 31.12.2010 sind maßgeblich. Das ist überhaupt nicht nachvollziehbar, weil der Stresstest durchgeführt wird, um künftige Krisensituationen zu simulieren.
Deshalb müssen wir Maßnahmen ergreifen, um die gesunde NORD/LB gerade vor dem Hintergrund dieser erschwerten Bedingungen zu unterstützen obwohl sie aus wirtschaftlicher Sicht eigentlich gar nicht nötig hätte.
Die NORD/LB hat im vergangenen Jahr den Stresstest für Banken nach den Regeln von Basel II – wenn auch knapp – bestanden. Weil irische Banken den Stresstest auch bestanden hatten aber hinterher in Notlage gerieten und staatlich gestützt werden mussten, wurden die Kriterien für den aktuellen Stresstest verschärft.
Die NORD/LB ist zwar nach wie vor ausreichend kapitalisiert. Die Bankenaufsicht und Kapitalmärkte stellen aber nach der Krise deutlich höhere Anforderungen an die Kapitalausstattung – Stichwort „Basel III“. Die Erfüllung dieser deutlich härteren Eigenkapitalvorschriften ist eine der großen Herausforderungen für alle Banken. Die NORD/LB hat gemeinsam mit ihren Trägern bereits frühzeitig ein Kapitalstärkungsprogramm erarbeitet, mit dem sie die Kapitalanforderungen von Basel III bereits 2015 erfüllen wird, ohne die geltenden Übergangsfristen auszuschöpfen. Die NORD/LB will die Übergangsfristen bis 2019 bzw. 2022 nicht ausnutzen.
Dieses Programm setzt auf vier Bausteine:
1. Begrenzung des Geschäftsvolumens (Risikoaktiva),
2. Stärkung des Kernkapitals insbesondere durch Umwandlung von Stillen Einlagen,
3. Entlastung des Kernkapitals durch Beteiligungsverkäufe und
4. Aufbau von Kernkapital durch Gewinnthesaurierungen.
Die NORD/LB hat bereits einen Teil davon erfolgreich umgesetzt: Rund 400 Mio. Euro gebundenes Eigenkapital konnten bereits in 2010 durch diverse Beteiligungsverkäufe u.a. DnB NORD freigesetzt werden. In einer ähnlichen Größenordnung (420 Mio. Euro) wird sich der kürzlich beschlossene Verkauf der DekaBank auswirken. Unter Verwendung des Konzerngewinns wurde das aufsichtsrechtliche Kernkapital bereits in 2010 um gut 300 Mio. Euro gestärkt (HGB). Über die Umwandlung Stiller Einlagen und weiterer Kapitalinstrumente in Höhe von rund 1,2 Mrd. Euro haben die Träger der Bank Einvernehmen erzielt; sie sollte natürlich erst erfolgen, wenn Basel III in nationales Recht überführt wird.
Insgesamt ermöglicht dieses Kapitalstärkungsprogramm der Bank, ihren eigenständigen, erfolgreichen Weg fortzusetzen. Sollte man meinen.
Am 12. Januar 2011 hat die Europäische Bankenaufsicht (European Banking Authority, kurz EBA) kurz nach deren Gründung die Durchführung eines neuen EU-weiten Stresstests beschlossen. Bei diesem Stresstest wird eine harte Kernkapitalquote von fünf Prozent nach Stress als Minimum gefordert. Alle Banken, deren Kapitalausstattung unter Stressbedingungen unter diese Marke sinkt, würden demnach durchfallen. Die EU-Kommission und die EBA wollen solche Institute zwingen, sich ein höheres Kapitalpolster zuzulegen. Für die EBA ist der Stresstest eine erste Bewährungsprobe. Die in London ansässige EU-Behörde hat zum Jahresanfang ihre Arbeit mit rund vierzig Mitarbeitern aufgenommen. Sie hat angekündigt, dass die Untersuchung härter ausfallen wird als der Test 2010, um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen.
Die nun definierten Kriterien des Stresstests in Bezug auf das Eigenkapital sehen eine Anerkennung der Stillen Einlagen i.H.v. 2,9 Mrd. Euro als Kernkapital (im Konzern) wie oben erwähnt nicht mehr vor. Dies kann als ein gezielter Angriff auf die Landesbanken gesehen werden. Damit wird ein wichtiger Teil des Kernkapitals der NORD/LB einfach weggerechnet. Diese EBA-Definition widerspricht eindeutig geltendem Recht.
Bisher galt für uns nur eine einzige Kapitaldefinition: nämlich die gesetzlich vorgeschriebene. Bei uns gilt nach wie vor das KWG! Alles andere entbehrt jedweder Grundlage! Hier wird nationales Recht komplett ignoriert!
Die Europäische Bankenaufsicht ignoriert zudem die international vereinbarten Übergangsregelungen für Basel III. Ihr ist es auch egal, dass Banken ja Schritte zur Anpassung an Basel III vornehmen werden – etwa die NORD/LB, wenn sie schon bis 2015 Stille Einlagen in andere, Basel III-kompatible Kapitalformen umwandeln wird und nicht erst bis 2022, wenn die Stillen Einlagen komplett aus dem harten Kernkapital fallen. Es ist widersinnig, dass dieses Stille Kapital der NORD/LB, das dauerhaft in der Bank verbleibt und so früh wie nur rechtlich möglich Basel-III-fähig gemacht wird, einfach herausgerechnet wird. Auf der anderen Seite werden im Stresstest Eigenkapitalhilfen des Bundes für private Banken wie die Commerzbank und die Hypo Real Estate anerkannt, von denen jeder weiß, dass sie irgendwann zurückgezahlt werden müssen. Trotzdem wird dieses temporäre Kapital im Stresstest voll anerkannt. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Mit Eigenkapital-Doping aufgepeppte Banken, die in der Finanzmarktkrise noch kurz vor dem Kollaps standen, werden jetzt durchgeschleift, wohingegen Banken, wie die NORD/LB oder die Helaba, die beide die Finanzmarktkrise ohne staatliche Rettungsmaßnahmen und ohne Auslagerung von Risiken aus eigener Kraft bewältigt haben, quasi am Pranger stehen. Im Ergebnis heißt das konkret: Ein niedersächsischer Euro ist weniger wert als ein Euro des Bundes. Das ist ein Skandal!
Und was sagt die nationale Aufsicht dazu? Bis vor kurzem hat sie noch geschwiegen. Und jetzt fällt der Bundesbank nichts Besseres ein, als der Helaba und NORD/LB zu empfehlen, ihre Stillen Einlagen bis Ende des Monats in hartes Kernkapital umzuwandeln. Dies sei die beste Möglichkeit, um den Stresstest zu bestehen. Nichthandeln sei dann schuldhaftes Versäumnis. Damit hat sie uns einen Bärendienst erwiesen. Respekt! Auf diese Weise hat sie nun die Erwartungshaltung am Markt etabliert, dass nicht nur eine Teilnahme, sondern auch ein Bestehen des Tests faktisch erforderlich ist. Ein Durchfallen würde nun einen Reputationsschaden nach sich ziehen. Unabhängig davon, dass die Aussagekraft des Stresstests aus den bereits beschriebenen Gründen gleich Null ist.
Die NORD/LB ist ohne Kapitalhilfe durch die Krise gekommen und ist nach derzeit gültigem nationalem Recht auch weiterhin ausreichend kapitalisiert. Die Bank ist für das Land bisher ein rentables Investment gewesen und wird dies auch in Zukunft sein. Allein für 2010 sind an die Öffentliche Hand insgesamt etwas mehr als 330 Mio. Euro in Form von Dividende, Bedienung Stiller Einlagen und Nachrangmittel sowie Steuern geflossen. Von der strukturpolitischen Bedeutung der Bank will ich gar nicht sprechen.
Es ist ein Unding, dass die Bundesregierung die Souveränität Deutschlands in der Bankenaufsicht aufgegeben hat und das Land Niedersachsen von der EBA entgegen nationalem Recht zum Handeln gezwungen wird.
Unser gutes Investment wird durch die Ausgestaltung des Stresstests durch die EBA, die geltendes Recht und Übergangsfristen von Basel III einfach ignoriert, gefährdet. Das kann nicht hingenommen werden und deshalb müssen wir handeln. Wenn jetzt keine Maßnahmen getroffen werden besteht die NORD/LB den Stresstest nicht!
Aus diesem Grunde wird die Landesregierung diesem Parlament in Kürze die folgenden Maßnahmen vorschlagen:
1. Umwandlung eines Gesellschafterdarlehens in Höhe von 38 Mio. € (Zinssatz 7 %)
Die Ermächtigung zur Umwandlung dieses Darlehens in eine besondere Kapitaleinlage hat der Gesetzgeber durch Zustimmung zum Nord/LB-Staatsvertrag bereits in § 15 Abs, 2 erteilt.
2. Umwandlung der „besonderen Kapitaleinlage“ in Höhe von 51 Mio. € (Zinssatz 9,11 %)
Die Möglichkeit zur Umwandlung der „besonderen Kapitaleinlage“ gemäß § 15 Abs. 1 des NORD/LB-Staatsvertrages in Stammkapital soll durch Änderung des Staatsvertrages geregelt werden.
3. Umwandlung der vom Land gehaltenen stillen Einlagen („Perpetuals“) in Stammkapital in Höhe von 700 Mio. € (Zinssatz 5,85 %)
Zur Kündigung des Vertrages zwischen dem Land Niedersachsen und der NORD/LB über eingebrachte 700 Mio. € stille Einlagen sowie den Erwerb von Stammkapital in gleicher Höhe bedarf es einer haushaltsrechtlichen Ermächtigung.
4. Neuerwerb von 278 Mio. € Stammkapital und Wiederveräußerung an die HanBG
Die HanBG hält eine Nachranganleihe in Höhe von 150 Mio. € (Zinssatz 6,00 %) sowie Stille Einlagen in Höhe von 117,6 Mio. € (Zinssatz 9,00 %) und 11 Mio. € (Zinssatz 10,50 %) an der NORD/LB. Die Wandlung dieser Einlagen in Stammkapital kann wie folgt geregelt werden: Zunächst erwirbt das Land Stammkapital in Höhe von 278 Mio. € über eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung. Die NORD/LB löst die von der HanBG gehaltenen Einlagen ab, so dass aus diesem Erlös die HanBG wiederum dem Land das frisch erworbene Stammkapital abkaufen kann. Das Engagement des Landes kann insofern haushaltsneutral dargestellt und abgewickelt werden.
5. Erwerb von weiteren 600 Mio. € Stammkapital durch Errichtung eines Sondervermögens
Das einzurichtende Sondervermögen soll eine getrennte Darstellung einer zweckgebundenen Kreditaufnahme ermöglichen. Die Landesregierung geht davon aus, das der zusätzliche Finanzierungsbedarf nur auf Zeit besteht, bis die NORD/LB durch die vorgesehenen eigenen Maßnahmen zur Kapitalstärkung in der Lage ist, die fraglichen Kernkapitalanteile vom Land zurück zu erwerben. Entsprechende Rückflüsse werden zur Tilgung der im Sondervermögen in Anspruch genommenen Kredite Verwendet.
Diese Maßnahmen zusammen ermöglichen uns erst den Stresstest erfolgreich zu bestehen.
Dieses haben längere Verhandlungen mit der Bankenaufsicht ergeben. Gestern Abend mit E-Mail um 18:24 Uhr hat uns die BaFIN folgendes übermittelt:
„Sehr geehrter Herr Finanzminister,
ich darf Ihnen nachstehend die Erklärung übermitteln, die schon Gegenstand Ihres soeben geführten Telefonats mit Herrn Sanio war: Angesichts des europäischen Stresstests habe ich mit der deutschen Aufsicht die Kapitalsituation des Nord/LB erörtert. Die Aufsicht hat mir gegenüber auf Grundlage der vorliegenden Berechnungen der Bank erklärt, dass die vorgesehenen Maßnahmen zur Kapitalstärkung, insbesondere die geplante Umwandlung Stiller Einlagen und eine Kapitalerhöhung in der Größenordnung von 600 Mio Euro notwendig sind, um das Ziel zu erreichen, dass die Bank den Stresstest besteht“
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