Samstag, 21. September 2013

Die „Hannoversche Chronik“ verzeichnet zum ersten Mal für das Jahr 1572 „eine große Wasserflut“



Das viel und oft missbrauchte flüsschen ihme zu hannover ist schon wieder zum strom angeschwollen.mein vorschlag vorm abholzen der über 200 bäume 2012 gegenüber dem ihme-zentrum, nur am hotspot der dort aufgefundenen schwermetallbelastung (auf die ich übrigens das bürgerbüro stadtentwicklung schon 20 jahre vorher hingewiesen hatte) einen sehr tiefen winterteich auszuschachten, verhallte ungehört.
stattdessen schlug die ingenieurskunst zu und schuf ausgerechnet vor der calenberger neustadt die hochwasserauffangterrassen.
ich stelle hier zur reinen unterhaltung einige historische informationen ein, da argumente in schilda nichts nützen. ip

Einst hatten edle Familien wie die von Meding hier ihre Gartenvorstadtvillen. 
Auch Hannovers großer Baumeister Laves selbst baute sich hier ein Haus. Aber der Anschluss an das Industriezentrum Linden, wo Fabrikant Egestorff an der Ihme sich Grundstück auf Grundstück sicherte, wurde immer wieder abgewiegelt.
Laves hatte sich vom Absolutismus in Italien, Frankreich und England inspirieren lassen.
So entstand der hannoversche Goetheplatz zwar nach seinem Tod, aber in seinem Sinne. 
Man konnte dort in Grüppchen auf Bänken sitzen, so könnte es wieder werden, habe es über Sonja Eick und Hans Mönninghoff den Grünen zugespielt, die fanden es gut.
Einst waren Goethe- und Humboldtstraße, angemessen zu den großen Dichter- und Gelehrtennamen, die sie trugen, baumbestandene Pracht-Straßen. Das hochgeschätzte Goethe-Lyzeum wäre inzwischen über 100 Jahre alt, hätte es der Krieg nicht zerstört. Heute steht an dieser Stelle das Eichamt für Niedersachsen.
Alle Bäume sind also schon lange weg auf Goethe- und Humboldtstraße. 
Seit 2012 auch über 200 Bäume an der Ihme weggesäbelt (siehe auch Galerie www.city-zeitung.de.
Dass die Calenberger Neustadt nur kostenintensiv bebaubar ist, war schon zu Laves Zeiten bekannt. Heute baut man hier Häuser in Wannen, damals sackte der Turm der Neustädter Kirche ab, so wie es manchem Altbau demnächst durch die jetzt neu angelegten Hochwasserterrassen gehen wird. 
Denn zwar dringt das Wasser nicht direkt in die Keller, aber die Gemäuer werden feuchter und feuchter…
1636 wurde Hannover Residenz der Herzöge von Calenberg und in der Stadterweiterung wurde der Weg des geringsten Widerstands gewählt (wie heute), ohne Rücksicht auf Landschaft und Lage.
Links des Flusses baute der Herzog von Calenberg die Calenberger  Neustadt aus, um für Behörden, Bedienstete und sonstige Hof- und Regierungsbedürfnisse nötige Bauten errichten zu können.
Damit wurde im Ausbau von Hannover die erste Sünde wider die Natur begangen. 
Die zahlreichen Flussläufe und Kolke der Niederungen mussten zugeschüttet werden; an den Folgen hatten bis zum heutigen Tage alle Bauherren zu leiden, die sich mit dem unsicheren Baugrund auseinandersetzen müssen.  
Eine noch wichtigere Folge aber war die außerordentlich wachsende Hochwassergefahr.
Diese Gefahr hätte man sehen müssen. (so Th. Unger), denn das Gelände war seit Gründung der Stadt regelmäßigen Überschwemmungen ausgesetzt.

Die „Hannoversche Chronik“ verzeichnet zum ersten Mal für das Jahr 1572 „eine große Wasserflut“, die über den Steinweg vor dem Leintor, die spätere Calenberger Straße, hinwegging. 
Das wird dann aus späteren Zeiten noch mehrfach berichtet.

Der kaum 30 Jahre alte Turm der Neustädter Kirche musste 1691 abgebrochen werden, weil er infolge des schlechten Baugrundes zu sinken begann.
Als man 1711-1718 die Clemenskirche  baute, verschlang die Fundierung  soviel Geld, dass die ursprünglich vorgesehene Kuppel nicht finanziert werden konnte. 
Sie ist deshalb erst nach dem zweiten Weltkrieg errichtet worden.

Die Calenberger Neustadt, in Konkurrenz zur Altstadt stehend, erhielt das kleine Stadtrecht und wurde in die verstärkten Befestigungsanlagen, die ein sternförmiges System aus Gräben, Wällen und Bastionen bilden, einbezogen. 
Eine Vereinigung von Altstadt und Calenberger Neustadt fand erst 1824 statt.

Zwischen 1803 und 1815 erleben Stadt und Land Kriege und Okkupationen.
In Folge dessen stagniert die Bautätigkeit abermals, vor allem aber steigen allgemein die Preise. 
Die Altstadt ist allein mit 400000 Talern verschuldet. Die meisten Bürger sind durch die Abgaben und Soldateneinquartierung der zehnjährigen napoleonischen Besatzung verarmt.
 Nach 1815 herrscht so erstmals Wohnungsmangel.
1816 machte der Magistrat den Vorschlag, die westlichen Befestigungsanlagen zu schleifen, um auf dem entstehenden Neuland breite Boulevards anzulegen und Platz für neue Bauplätze zu schaffen. Dabei sollte der Verkauf von Baugrund die Entfestigungsarbeiten finanzieren.
Die Bürger bevorzugten also eine allmähliche Ausdehnung der Stadt,  möglichst in Richtung Westen, hin zu den Handelsplätzen der Ihme und Leine, wobei sicherlich die Nachfrage das Angebot geregelt hätte. 
Von Seiten der Stadt wurde schon seit längerem mit Unbehagen die Entwicklung in den Vororten Hannovers und besonders der Aufschwung in Linden betrachtet, das zur unerwünschten Konkurrenz im Westen heranwuchs.
Auch die Abwanderung wohlhabender, steuerkräftiger Bevölkerungsschichten in die Vororte wurde nicht gern gesehen, ging man doch von einer Minderung städtischer Substanz und einer Auszehrung der Stadt, die letztlich zum wirtschaftlichen Ruin führen musste, aus.
So forcierten die hannoverschen Bürger eine westliche Stadterweiterung, wahrscheinlich mit Blick auf eine engere Bindung des Gewerbes an die Stadt, oder gar eine Vereinigung Lindens mit Hannover.



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