Sonntag, 10. Juli 2011

Durchgeknallt

Was ist eigentlich los? Auf der Titelseite der Süddeutschen Zeitung war dieses Wochenende an bester Stelle ein völlig ernst gemeinter Kommentar zu lesen, die Jungs sollten wieder mit Kriegsspielzeug umgehen lernen, damit sie aus ihrer Verlierer-Position herauskommen. Knallen jetzt sogar als seriös bekannte Blätter durch? ip


Arno Gruen zitiert in seinem Buch "Der Fremde in uns" eine Studie der amerikanischen Armee

Im zweiten Weltkrieg haben nur 15 bis 20% der amerikanischen Soldaten während des Gefechts ihre Waffen benutzt. Ähnliche Hinweise gibt es über das Verhalten im amerikanischen Bürgerkrieg. F. A. Lord (1976) berichtete, dass nach der Schlacht von Gettysburg (1863) 27574 Gewehre eingesammelt wurden, von denen 90% geladen waren. 12000 hatte man mehr als einmal geladen, ohne zuvor einen Schuss abzugeben, 6000 davon waren mit 3-4 Kugelladungen verstopft. Warum, so fragte sich Lord, luden mindestens 12000 Soldaten ihre Flinten falsch? Marshall schreibt: "Das normale und gesunde Individuum hat einen so großen inneren und meistens unerkannten Widerstand, einen anderen Menschen zu töten, dass es einem anderen nicht aus eigenem Willen heraus das Leben nehmen würde".

Das änderte sich jedoch, nachdem die US-Armee mit einem neuen Trainingsprogramm für ihre Soldaten begann. Im Koreakrieg schossen noch 55% der Soldaten auf den Feind, im Vietnamkrieg waren es schon 90%.

In ihrem täglichen Drill wurden die Soldaten gezielt desensitiviert. Man ließ sie beim Marschieren und anderen körperlichen Übungen blutrünstige Parolen schreien wie "Kill! Kill! Kill!". In so genanntem "operative conditioning" wurde das Schießen im Reflex trainiert. Das Ziel glich einer menschlichen Gestalt. Außerdem sorgte man dafür, dass sich der einzelne Soldat von seiner Gruppe für akkurates Schießen bestätigt fühlte. So wurde das Schießen zum automatischen Akt, was sich in einem Anstieg der Schießbereitschaft von 20 auf 90% äußerte.



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