Donnerstag, 30. März 2017

SprengelMuseum: Petra Kaltenmorgen Stand der Dinge


Fotografien und Installationen 1. April – 16. Juli 2017
Das Sprengel Museum Hannover bietet vom 1. April bis zum 16. Juli 2017 mit circa sechs Werkgruppen, vier Installationen und ausgewählten Einzelwerken erstmals umfassend Einblick in das Schaffen von Petra Kaltenmorgen.
Seit den frühen 1990er-Jahren arbeitet die Künstlerin mit großer Konsequenz an einem Werk, das nahezu meditative Züge trägt. Ihre inzwischen vielgestalte Bildwelt entwickelte sich über zweieinhalb Jahrzehnte zu einem poetischen Paralleluniversum. Es ist bevölkert von Sofaecken, Halsketten, Brillengläsern, Platzdeckchen, Kaugummi, Stecknadeln, Blumen, zerknüllten Papieren, alten Taschenlampen, Landkarten, Zeitungsausrissen ... Auf den häufig großformatigen, zumeist analog entstehenden Fotografien von Petra Kaltenmorgen und in ihren Installationen finden diese Dinge die ihnen eigens angemessenen Bildräume – Räume, in denen es nicht um ihre Funktionen oder ihren Nutzen, in denen es vielmehr um ihr Sein geht: Ein schlicht rot-weiß-kariertes Platzdeckchen liegt bildmittig auf schwarzem Grund vor einem imaginären Horizont, der Schwarz von ‚noch schwärzer’ trennt. Der umlaufende kurze Fransensaum scheint das Deckchen in der Dunkelheit zu verankern, und wie eine Wasseroberfläche bei leichter Brise schlägt der schlichte Stoff zart Wellen: Zwischen Schweben und Lasten, zwischen Ruhe und Bewegung, entsteht eine fragile Balance, die stillschweigend grundsätzliche Fragen aufwirft. Möglichkeiten von Stabilität, Halt und Dauer, von Sein und Vergehen werden hier wie in anderen Serien auf immer neue, erstaunliche Weise erkundet: Subtil fährt das Licht über die einbeinige Kante eines warmbraun gepolsterten Sitzmöbels, auf dem ein paar stecknadelgespickte, benutzte Kaugummis oder seltsam beschnittene Spielkarten liegen. Diese Dinge und ihre Balancen im Raum sind zu schlicht und zu irritierend zugleich, als dass sie schnelle Rückschlüsse auf was auch immer suggerieren würden. Stattdessen fordern sie, im visuellen Nachvollzug feinsinnigster fotografischer Umsetzungen, einen verlangsamten, behutsamen Blick von gesteigerter Aufmerksamkeit. In ihm wird diese Bildwelt als höchst poetische, komplexe Meditationen über die Fragilität von Existenz als Sein im Raum erfahrbar.
In seiner unaufgeregten Konsequenz und seiner ungewöhnlich poetischen Strenge nimmt das Schaffen von Petra Kaltenmorgen in der Fotografie der Gegenwart eine besondere, bisher kaum angemessen gewürdigte Position ein. Geboren 1964 in Hirschfeld (Hunsrück), lebt die Künstlerin seit Ende der 1980er-Jahre in Hannover. Nach einer Ausbildung als Glasmalerin studierte sie von 1989 bis 1995 an der Fachhochschule Hannover bei Rolf Bier, Ralph Kull und Heinrich Riebesehl. Bei letzterem war sie Meisterschülerin.
Die Ausstellung im Sprengel Museum Hannover ist die bisher umfangreichste Präsentation dieses Werks und die erste große Museumsausstellung der Künstlerin.

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