Mittwoch, 22. Februar 2017

Das Biegen der Reben

Das derzeit feuchte und nicht zu kalte Wetter ist ideal um einer weiteren wichtigen Arbeit im Weinberg nachzugehen - dem Biegen. Die Rebe gehört zu den Lianengewächsen und ist deshalb bestrebt nach oben zu wachsen. Bevor der Mensch die ersten Reben kultivierte, wuchsen die Urreben gerne an den Stämmen von Bäumen zum Licht empor. Auf dem Weg dorthin wurde keine Zeit mit der Ausbildung von vielen Seitentrieben oder Trauben vergeudet.
Das obige Bild vom wilden Wein verdeutlicht dieses Wachstumsverhalten sehr schön. Wenige Triebe wuchsen sehr schnell in die Baumkrone, um sich dort über das Blätterdach des Baumes zu werfen. Erst jetzt wurden einige wenige und kleine Früchte gebildet, die einzig zur Vermehrung beitragen sollten. Im Gegensatz zur Kulturrebe ist die Wildrebe zweihäusig, d.h. es gibt männliche und weibliche Pflanzen. Die Bestäubung erfolgt über Insekten und die Ausbreitung der Samen durch Vögel.
Als der Mensch bei der Rebe ins Spiel kam, wurde das Hauptaugenmerk auf die Früchte gelegt. Die Rebe musste also dazu gebracht werden, mehr und größere Früchte zu produzieren. Dies gelang nur durch Selektion und das "Fesseln und Knebeln" der Rebe. Indem der Mensch die Rebe am Höhenwachstum hinderte, zwang er diese ihre Kraft und Nahrung in andere Bahnen zu lenken - die Früchte.
Dazu dienende Maßnahmen waren z.B. der Rückschnitt der Reben auf wenige Triebe. Oben rechts sehen sie eine geschnittene Anlage mit 2 Fruchtruten, die auch bereits eingekürzt wurden. Der Laubschnitt im Sommer unterstützt ebenfalls das Traubenwachstum. Und dann gibt es noch das Biegen. Bei dieser Arbeit werden die Reben nach unten gebogen, um das Höhenwachstum von vorne herein einzuschränken.
Die geschnittene Rute wird jetzt über den oberen Biegdraht gelegt und am unteren Biegdraht mit einem papierummantelten Drähtchen befestigt. Dann wird das überstehende Ende der Rute unmittelbar hinter dem Biegdraht eingekürzt. Das Biegen funktioniert sehr gut bei feuchtem Wetter, da die Reben dann besonders geschmeidig sind und nicht so leicht brechen.
Da häufig bereits im Winter mit dem Biegen begonnen wird, sind Handschuhe mit Fingerfreiheit für die filigrane Arbeit von großem Nutzen. Damit die Biegedrähtchen Daumen und Zeigefinger nicht aufscheuern, schützen wir diese mit Heftpflaster.
 So sieht das Endergebnis aus - ein Flachbogen auf dem Draht und einen Rundbogen über den Draht. Je weniger Augen (Knospen für das Triebwachstum) auf der Rute, desto geringer wird der Ertrag. Auf dem Bild sehen sie am Rundbogen 7 Augen und am Flachbogen 5 Augen. Auf dem Bild darunter sehen sie die Rebanlage eines Nachbarn, der deutlich längere Ruten mit entsprechend mehr Augen gebogen hat.
Ein Bogen hat 14 Augen und der andere 11. Die Augenzahl ist damit pro Stock doppelt so groß und somit wird von vorneherein das potentielle Ertragsniveau weit nach oben geschraubt. Da wir qualitätsorientiert arbeiten, begrenzen wir den Ertrag schon über kurze Ruten. Besonders begrenzen wir die Menge im unseren Burgunderanlagen, wo wir nur zwei kurze Ruten flach auf den oberen Biegdraht legen.
Zum Biegen gehört die Fixierung des Rebstamms am Draht. Dadurch wird die gesamte Anlage stabilisiert und lose Reben behindern nicht das Befahren und Bearbeiten des Weinbergs.
 Mit Schlauchband wird der Stamm angebunden. Das grüne Schlauchband ist elastisch und dehnt sich mit dem Wachsen der Rebe aus, ohne diese zu erdrosseln. Nach dem Biegen der Reben erwarten wir den Austrieb und wünschen uns allen ein sonniges Frühjahr ohne Spätfrost....
Mit besten Grüßen von der Saar, Weingut Johannes Peters





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