Oberlandesgericht Braunschweig lehnt Anerkennung einer US-Gerichtsentscheidung zur rechtlichen Elternschaft ab
Mit Entscheidung vom 12.
April 2017 hat der 1. Familiensenat des Oberlandesgerichts Braunschweig
die Anerkennung der rechtlichen Elternschaft eines Ehepaares für zwei in
den USA von einer Leihmutter ausgetragene
Zwillingskinder abgelehnt. Das Gericht hat sich damit zugleich gegen
die Anerkennung der - ihre rechtliche Elternschaft begründende -
Entscheidung eines US-Gerichts im Bundestaat Colorado ausgesprochen.
Das in Deutschland lebende
Ehepaar schloss - vermittelt über eine Agentur - mit der späteren
Leihmutter und ihrem Ehemann in den USA einen Vertrag zur entgeltlichen
Schwangerschaftsaustragung. Ein US-Gericht im
Bundesstaat Colorado entschied auf dieser Grundlage noch vor der Geburt
der Zwillingskinder, dass das deutsche Ehepaar als Auftraggeber der
Leihmutterschaft nach der Geburt der Kinder zu deren rechtlichen Eltern
bestimmt sei. Die in Colorado ausgestellten
Geburtsurkunden der von der Leihmutter ausgetragenen Zwillingskinder
weisen das deutsche Ehepaar als rechtliche Eltern aus. Diese leben seit
Ende 2011 gemeinsam mit den beiden Kindern in Deutschland.
Nach Auffassung des
Gerichts würde eine Anerkennung der Entscheidung des US-Gerichts zu
einem Ergebnis führen, das mit den wesentlichen Grundsätzen des
nationalen Rechts unvereinbar wäre. Die rechtliche Elternschaft
könne nach deutschem Recht grundsätzlich allein auf Abstammung und
Adoption, nicht hingegen auf vertragliche Grundlage gestützt werden. Das
Ehepaar habe durch die kommerzielle vertragliche Vereinbarung zur
Leihmutterschaft für sie erkennbar gegen in Deutschland
geltende Verbote nach dem Embryonenschutzgesetz und dem
Adoptionsvermittlungsgesetz gehandelt. Diese bewusste Umgehung der
nationalen Gesetze durch Ausnutzung der Rechtsordnung eines anderen
Staates stehe der nachträglichen Anerkennung eines dem deutschen
Recht entsprechenden Elternstatus grundsätzlich entgegen. Der deutsche
Gesetzgeber habe bei den gesetzlichen Regelungen zur Grenzziehung der
Reproduktionsmedizin erkennbar den Schutz der betroffenen Frauen und der
gezeugten Kinder vor damit einhergehenden
Gefahren kommerziellen Handelns über die Wünsche von Auftraggebern nach
Elternschaft gestellt. Die vertraglich
vereinbarte kommerzielle Leihmutterschaft verletze in ihrer konkreten
Ausgestaltung in mehrfacher Hinsicht den vom nationalen Gesetzgeber
verfolgten besonderen Schutz von Kindern und Müttern, womit
gerade den Werteentscheidungen des Grundgesetzes zugunsten der
Menschenwürde, des Lebens und der Wahrung des Kindeswohls in besonderer
Weise Rechnung getragen werden sollte.
Neben der konkreten
Ausgestaltung der vertraglichen Vereinbarungen sowie der Umstände ihres
Zustandekommens sei insbesondere der psychischen Bindung der Schwangeren
zu ihren ausgetragenen Kindern nur unzureichend
Rechnung getragen worden, da die Entscheidung des US- Gerichts in
Colorado ohne Anhörung der Leihmutter und noch vor der Geburt ergangen
war.
Hintergrund:
Anlass
der Entscheidung des 1. Familiensenats mit Beschluss vom 12. April 2017
(Az.: 1 UF 83/13) war eine Beschwerde des Ehepaares gegen die ihre
rechtliche Elternschaft ablehnende Entscheidung
des Amtsgerichts Braunschweig.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsache hat der Senat die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen.
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