Hannover und Braunschweig bestätigen Teilnahme am Pilotprojekt
Das Verbraucherschutzministerium hat in Hannover die Einführung des umstrittenen Hygienebarometers noch für 2017 angekündigt. Die Städte Hannover und Braunschweig haben nach anfänglichen Bedenken angekündigt, das vorerst auf freiwilliger Basis laufende Pilotprojekt in ihren Gebieten zu unterstützen.
Obwohl selbst Gerichte die Einführung von Hygiene-Bewertungssystemen für das lebensmittelverarbeitende Gewerbe für rechtswidrig halten, weil sie nicht zur Förderung von Verbraucherschutz und Transparenz beitragen, bleibt Landwirtschafts- und Verbraucherschutzminister Christian Meyer bei seiner Forderung, das Hygienebarometer in Niedersachsen einzuführen. Anlässlich der Verbändeanhörung am 22.02.2017 erklärte Minister Meyer selbst, dass in der Auswertung von Hygienekontrollen in Niedersachsen mehr als 90 Prozent der überprüften Betriebe mit mindestens gut abgeschnitten hatten. „Da stellt sich die Frage, wem der erhöhte Verwaltungsaufwand nutzen soll und warum der Bürger diese zusätzliche Bürokratie durch Steuergelder finanzieren soll“, kritisiert Hermann Kröger, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Niedersachsen (DEHOGA Niedersachsen), die Entscheidung des Ministers.
Viele Betriebe werden nach Einschätzung des DEHOGA Niedersachsen bei Einführung eines Hygienebarometers einer Wettbewerbsverzerrung ausgesetzt sein, die zu Kundenverweigerung führen kann. „Die zuständigen Landkreise werden es niemals schaffen, alle 100.000 lebensmittelverarbeitenden Betriebe in Niedersachsen gleichzeitig zu überprüfen, so dass sich die Verbraucher fragen werden, was mit den Betrieben ist, die kein Barometer ausgehängt haben. Damit ist das Ziel des Ministeriums zur Transparenz für die Verbraucher vom System her selbst ausgehebelt“, so Kröger.
Das Ministerium setzt zu Beginn der Einführung zunächst auf freiwilligen Aushang des Barometers durch die Betriebe. Die vom Verbraucherschutzminister anvisierten schwarzen Schafe, werden aber nicht durch ein freiwilliges System enttarnt. „Es darf die Frage erlaubt sein, welches „schwarze Schaf“ denn freiwillig eine gelbe oder rote Kennzeichnung an die Tür hängt“, rätselt DEHOGA Präsident Kröger. Damit ist laut DEHOGA heute schon absehbar, dass die Freiwilligkeit in eine gesetzliche Pflicht münden muss, will der Minister erfolgreich sein. Für Hoteliers und Gastronomen bedeutet dies, immer mehr Bürokratie anstelle von eigentlich gebotener Gastorientierung
Beispiele aus der Praxis:
Das Hygienebarometer soll mittels eines Farbbalkens von grün über gelb bis rot den Hygienestand eines Betriebes widerspiegeln. Es können auch Kriterien zu einer gelben Kennzeichnung führen, die unter lebensmittelhygienerechtlichen Gesichtspunkten eher nachrangig sind. So kann es sich zum Beispiel negativ auswirken, wenn der Koch vergessen hat, seinen Ehering abzuziehen oder eine Fliese an der Küchenwand einen Riss aufweist. Selbst wenn dann am selben Tag diese
Mängel behoben werden, muss der Gastronom mit einem gelben Barometer leben, da eine Änderung der Barometeraussage erst bei der nächsten Regelkontrolle möglich ist.
Eine weitere Wettbewerbsverzerrung entsteht bei Übergabe eines Betriebes an Nachfolger. Darf der neue Betreiber das grüne Barometer behalten, obwohl er noch nicht kontrolliert wurde? Muss er zunächst ohne Barometer leben, weil er noch nicht kontrolliert wurde und bis zur nächsten Regelkontrolle warten? „Alles das sind Zeichen dafür, dass ein solches System niemals zur Transparenz beitragen kann. Weil das Barometer nur Farben und Zahlen abbildet und nicht erläutert, wird der Verbraucher mehr verwirrt als aufgeklärt“, so Kröger.
Für den DEHOGA ist eine gute Hygienepraxis eine der wichtigsten Voraussetzungen, um ein guter, professioneller Gastgeber zu sein. In weit über 90 Prozent der Betriebe wird dieser Anspruch auch gelebt. Damit die Branche nicht unter Generalverdacht gerät, muss gegen schwarze Schafe vorgegangen werden. Allerdings darf es nicht so weit kommen, dass Betriebe zu Unrecht verdächtigt werden. Es gibt ausreichende gesetzliche Grundlagen, um gegen Hygienemängel vorzugehen und mangelhafte Betriebe im Ernstfall auch zu schließen. Diese Möglichkeiten müssen ausgeschöpft werden.
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