Von Ingeburg Peters
Seit die Stadt Hannover angestrengt Edel-Wohnungsbau-Breschen
ins Steintorviertel schlägt, schlägt das „Milieu“ seinerseits mit der Goethe-
und Braunstraße sowie Goetheplatz einen schrägen Keil mitten durch die noch
bürgerlichen Ecken rund um Leibniz-Kirche links und Gerber-/Oeltzenstraße/Königsworther
rechts.
Was sich da vor allem am Wochenende in den Dönerläden und
Tele-Shops trifft, aber auch alltags beim Frisör, in den Spielhallen, oder bei Sisha-Anbietern,
da möchte niemand leichtsinnig eine Taschendurchsuchung starten, nicht einmal
die überforderte Polizei.
Man würde eh nur die kleinen Fische fangen, die Weiße-Kragen-Täter
lassen sich nur selten wegen organisatorischer Fragen blicken.
An der Ihme, im Ihme-Zentrum, auf dem Schulhof Berufsschule, sowie hinter der
Grundschule, wird unverhohlen Drogenhandel bei Tag und Nacht betrieben.
Prostitution kommt auf Bestellung in die Absteigen ringsum.
Die netten schönen Mädchen von Lars, dem Bordellbesitzer
Braunstraße, einem ehemaligen Polizisten, dessen Etablissement im Vorder- und
Hinterhaus seit je vom Ordnungsamt als „gut geführt“ bezeichnet wird, zeigen
sich häufiger ungeniert auch draußen, seit Deutschland legales Sexparadies
geworden ist.
Das könnte man für einen Fortschritt im Abbau ihrer Stigmatisierung
halten, denn die Porno-Medien-Industrie hypnotisiert Millionen verklemmte
Männer gewinnträchtig zuhause am Bildschirm, während hier noch echte
Sozialarbeit live am Mann stattfindet.
Den Mitarbeiterinnen hatte Lars ohnehin von Anfang an
verboten, im Steintorviertel zu verkehren, wie der Knacki und Schläger Gerhard
Köhn in einem unterhaltsamen Taschenbuch 1981 berichtete, das nur noch Antiquariatsliebhaber
interessiert.
Vorbei ist es zum Beispiel mit dem Columbus (geschlossen),
wo Köhn zum Recherchieren sicherheitshalber sein eigenes Bierglas mitbrachte.
Und er fragte: „Warum gibt es eigentlich so etwas wie das
Steintorviertel? Sollte sich die bürgerliche Gesellschaft einmal fragen. Und
wer finanziert dieses Zwielicht, wo arme Leute gedroschen werden, als Kunden
wie als AnbieterInnen?“
Aber die schräge Branche scheint krisensicher zu überleben.
Wenn jetzt weniger am Steintor, dann eben nun mehr rund um den
Goetheplatz. ip
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen