Freitag, 8. Februar 2019

Die Sohnschaft ist dramatisch unkorrekt



Nehmt Mary Daly, die legitime Nachfolgerin von Meister Eckhart, als Wegbereiterin interreligiösen Dialogs in eure Lehr- und Diskussionspläne auf!

Von Ingeburg Peters

OMG – „Suche Frieden und jage ihm nach“ heißt die Jahreslosung der christlichen Kirche für 2019.
Noch niemals ist das Jagen nach etwas zum Guten ausgeschlagen, auch wenn der Herr sein Angesicht über Dir dabei angeblich leuchten lässt. Der evangelische Bischof Prof. Dr. Martin Hein: „Es ist keine Frage: Religionen haben eine ungeheure zerstörerische Kraft.“
Als christlich erzogenes Kind hatte ich stets mit der Trinitäts-Formel „Vater, Sohn und Heiliger Geist“ Probleme.
Erst als ich die Werke der post-christlichen US-amerikanischen katholischen Theologin und Philosophin Mary Daly, durch meine Tochter vermittelt, kennenlernte, begriff ich, dass, wenn Männer an meinem Tisch ihre sinnleeren Stammtischgespräche führten, die Aversion gegenüber ihrer religiös zementierten Vorrangstellung durchaus berechtigt war.
„Jenseits von Gottvater und Sohn“ ist eines der Hauptwerke Dalys. Es hat Generationen von intellektuellen Frauen bis ins Mark erschüttert.
In ihren Vorlesungen als Professorin drängten sich die Bischöfe, und genau wie Eckhart von Hochheim (bekannt als Meister Eckhart) im 14. Jahrhundert der Häresie angeklagt war, wurde sie noch im 20. Jahrhundert mehrfach von der Lehre ausgeschlossen.
Meine Aufforderung deshalb an das Haus der Religionen Hannover, an die Religions for Peace Deutschland und International, sowie alle anderen Interessentinnen an interreligiösem Dialog: Nehmt Mary Daly als legitime Nachfolgerin von Meister Eckhart als Wegbereiterin interreligiösen Dialogs in eure Lehr- und Diskussionspläne auf! Leibniz würde es befürworten.
Der deutsche Dominikanermönch Meister Eckhart, heute weltweit, auch im asiatischen Bereich, hoch geschätzt, verarbeitete Texte des jüdischen Philosophen Solomon ben Jehuda ibn Gabirol (latinisiert Avicebron) aus dem muslimischen Spanien (Valencia/Malaga), der von der „ersten universalen Materie“ sprach, die Eckhart frech ganz christlich in „Sohnschaft“ ummodelte, und wich so dramatisch unkorrekt vom Herkunftstext ab.
Auch führte Eckhart von Hochheim den jüdischen Religionsgelehrten und Philosoph Moshe ben Maimon (1138-1204), latinisiert Maimonides, den Lehrer der „Verwirrten“, als zustimmungsfähige Referenzgröße an, während Thomas von Aquin und Albert der Große einfach nur dort Thesen klauten.
Auch Avicenna (Abū Alī al-Husain ibn Abd Allāh ibn Sīnā ) und Averroes (Abū l-Walīd Muḥammad bin Aḥmad bin Muḥammad Ibn Rušd) gehörten zu den Quellen, die Eckhart beeinflussten.
Wenn also eine ähnlich wie Eckhart epochal wirksame Mary Daly im 21. Jahrhundert immer noch als „Radikalfeministin“ verunglimpft, stigmatisiert und abgewertet wird, dann sind die, die dem Frieden mit Gottvater und Sohn nachjagen, immer noch auf dem Holzweg.
Salem aleikum grüße ich fröhlich meine Nachbarn am Goetheplatz: „Friede sei mit Dir“. „Wa aleikum salam“ kommt es freudig zurück – und ich fasse mir ans Herz. 



Keine Kommentare: