Mittwoch, 16. Juli 2008

delegieren

ich bin die älteste von vier töchtern, mein vater war viel auf reisen und dadurch versäumte man, mir die unterordnung unter den mann beizubringen.
als ich mich dann später im zarten alter von 21 jahren gleich nach dem volontariat selbstständig machte, las ich management-bücher, die alle das delegieren als hohe kunst des unternehmers priesen. also delegierte ich, ich wurde meister im delegieren. aber - wundersame welt des mannes - immer, wenn ich an männer delegierte, hieß es, er helfe mir, ich könne es wohl nicht allein, obwohl meist das umgekehrte der fall war. und so ist es bis heute geblieben.
wenn ich dann so die haremsbilder von matisse aus marokko betrachtete, wie gemütlich, heiter und komfortabel die frauen da auf ihren brokatkissen lagerten, während ich tausende von zeitungen vom stapel ließ, unzählige impulse gab und initiativen initiierte, gleichzeitig aber trotz des erfolges die unbekannteste person hannovers war, ohne jede anerkennung, nie zu podiumsdiskussionen oder ähnlich publikumswirksamen veranstaltungen eingeladen, dann dachte ich, die welt ist falsch, ich wurde in den falschen planeten hineingeboren. jedenfalls komme ich mit dem rollenangebot auf diesem nicht zurecht, weder als untergeordnete haremsdame, ehefrau und mutter noch als missachtetes, ausgebeutetes saumtier im berufsleben.
hannoveranerin luise pusch formulierte den frust witziger auf ihrer cd: Luise pusch liest glossen:

Über das Fraulenzen

Warum ist uns immer so melanchomisch zumute? Es liegt nicht nur am allgemeinen Baldsterben auf unserem Klobus. Wir fraulenzen zu wenig!
Es ist doch so, liebe Frauen: Tagsüber erdulden wir die manntasielose Bürotik und das No-how des Chefs und nachts die penomännale Sklerotik des alten Fregatten. Kurz, von Morgasmus bis Mitternackt die Mannzüglichkeiten des Pornograviehs. Wir ertragen seine Penorrhoe & Schämorrhoiden, sein kondominantes Verhalten, überhaupt diese ganze Spermakrobatik. Uns wird nicht nur geschlecht - uns schwangert Böses! Wir werden immer phallergischer.
Tragen wir dann aber Ihm zuliebe mal diese Brechreizwäsche, trinkt das Mannko sein Masturbierchen und kommt im Schafanzug auf die Duftmatratze - er hat jeden Tag Gefurztag! Furchtpaar!
Wir bügeln seine Hemden und bringen seine Mannzüge zur Peinigung. Wir räumen den Adamsabfall fort und bekochen das Mannstrum mit Pfanntasie, bis wir auf dem Kreatiefpunkt sind. Wir knabbern an der Pizza dolorosa und verschwenden unsere Zeit auf diesen miederträchtigen Schönheits-Pharmen, um uns so manngenehm wie möglich zu gestalten, doch was tut der Grölefant? Er holtert und poltert. Was ist unsere Polternative? Im Marginalchor die "Erschöpfung" von Haydn!
Erteilen wir dem Hahnrei aus der Tube eine gynergische Abfurie! Fangen wir endlich an zu fraulenzen, statt unser büromantisches Dicksal zu beklagen. Soll sich der Matscho seine Mackerelen, Mackeroni und sein Hommelett alleine braten! Kein einziges Gnadenbrötchen werden wir ihm mehr schmieren. Schluß mit dem Schnorrgasmus und Spermasochismus! Soll er sich im Nacktiv-Urlaub alleine phallustieren. Keine muttilateralen Verhandlungen, mag er sich auch noch so romanntisch oder mannisch-defressiv gebärden! Der reine Opfertunismus!
Wir treten aus der Küche aus und schicken ihn in Penision! Es ist kein großer Phallust.

© Luise F. Pusch

(1987 zuerst abgedruckt im Zürcher Tagesanzeiger)

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