Anekdoten zu meinem
70. Geburtstag von Ingeburg Peters
Die zu denen gehören, die es geschafft haben, kehren jetzt,
nach den Feiertagen, zurück aus Sylt, Sizilien oder von sonst woher. Wobei #Sylt
mit Helgoland die Tagesausflügler-Plage gemeinsam hat, und am Gogärtchen in
Kampen hängen an der Außentheke auch
nicht mehr die Feinsten herum.
Sylt 1: ich war krank. Der Arzt hatte vegetative Dystonie
festgestellt. Mein selbsternannter Schirmherr aktivierte seine Kontakte zur
Arbeiterwohlfahrt und schickte mich zur Erholung nach Rantum ins Heim des
Jugendsozialwerks. Aber im Familientrakt wurde ich von den Ehepaaren wenig wohlwollend aufgenommen, und in ein Mehrbettzimmer umquartiert, in dem außer
mir noch eine Lehramts-Studentin logierte. Wir trampten zusammen über die Insel, um Krabben am Hafen zu kaufen -
und abends gings in die Tenne: setzten uns dort auf die sogenannte Hühnerleiter,
von der aus die Herren an der Bar zu einem Drink herunter baten. Der Besitzer einer hannoverschen Druckerei lud mich ins Hotel Stadt Hamburg ein, es
gäbe dort ein tolles Frühstück. Nun war ich als gefühlte Inhaberin des
Pressedienst Hannover gute Frühstücke mit Rosinenstuten und Ostfriesentee
gewohnt, ließ mich also unangetastet wieder zurück fahren zum Jugendsozialwerk.
Die Mitbewohnerin kam irgendwann gegen Morgen zurück.
Am Wochenende reiste der selbsternannte Schirmherr an und
legte mir weitere Kreditverträge der Sparkasse Hannover zur Unterschrift vor.
Den ersten hatte er mich an meinem Volljährigkeitsgeburtstag unterschreiben
lassen. Das sei alles nur formal. Er bekäme von Generaldirektor Fascher
(später unehrenhaft entlassen) so viel Geld, wie er nur wolle. Warum aber
musste ich unterschreiben? Weil man wusste, dass eine 25 Jahre jüngere Person
letztendlich für alles aufkommen müsste? Ich hatte bei der Tageszeitung, wo er
rausgeflogen war und mich als Geisel mitriss, aus lauter langer Weile täglich
den halben Lokalteil unter Kritik der Kolleginnen vollgeschrieben.
Selbstständig sein war eine attraktive Option für mich. Als meine Elternfamilie schließlich nach jahrelangem Aufenthalt aus Indien zurückkehrte, hatte ihnen die Sparkasse meine
Kredit-Informationen ins Haus geschickt. Zu spät.
Am nächsten Wochenende reiste der selbsternannte Schirmherr
erneut an, um mir im Wiener Café Westerland mitzuteilen, dass mein bester
Schulfreund Werner sich umgebracht habe. Er sagte damals nicht, dass
Werner im Büro angerufen hatte, um mich zu sprechen. Wer den Schirmherrn kennt,
weiß, was der ihm gesagt haben wird: „Frau Peters weilt auf Sylt.“
Sylt 2: Redakteur Fischer von der Kurzeitung Westerland
schrieb für unseren Pressedienst und lud in sein Reihenhaus ein. Wir sollten
die Gewinner eines Preisausschreibens mimen und saßen bei Wodka mit dem Inhaber
einer Bar zusammen, wo ich plötzlich aufstand und ein Taxi nahm, das auf offener
Strecke mit mir Angetrunkener anhielt, bis ich dem Fahrer erklärt hatte, dass
ich zur Kurzeitung gehöre, und er mich gefälligst dorthin fahren solle…meine Liebe zur Kommunikation hat mich schon oft gerettet.
Anderntags waren wir bei einem aufgehübschten Konzern-Erben
(Arndt von Bohlen und Halbach, Krupp; der Firma, die den speziellen gefährlichen Stacheldraht zur Abschottung Westdeutschlands von der DDR geliefert hat) zur Party eingeladen, aber die Freundin von Fischer entsprach nicht der Norm
der schönen Reichen, wurde nicht eingelassen, also gingen wir alle wieder. In der Pony-Disko setzte dann der Schirmherr seine Sonnenbrille auf, war im Promirausch, denn auch Playboy Gunter Sachs hatte dort Freigetränke. Anschließend sahen wir bei der Ausdruckstänzerin Valeska Gert dem expressiven Nackttanz eines Mädchens zu.
Sylt 3: Ich saß gemütlich in meinem hannoverschen Hinterhöfchen,
als der selbsternannte Schirmherr mich trickreich drängte, den Marketingchef des Supermarktes Huma, mit dem ich telefonisch verhandelt hatte, in Hamburg persönlich aufzusuchen und
einen Abstecher nach Sylt zu machen...
Ließ mich breitschlagen, stand daraufhin auf dem riesigen
Containerhof der Firma, und bekam tatsächlich einen langfristigen Riesenauftrag
für Doppelseiten, sogar wöchentlich, konnte jedoch nur eine monatliche Insertion stemmen.
Auf Sylt ließ ich mich, mit dem Gesicht nach
unten, in den heißen Sand fallen.
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