Dienstag, 25. Juli 2017

Anteil „atypischer“ Jobs in der Region auf 40 Prozent gestiegen

IG BAU kritisiert Schieflage am HannoveranerArbeitsmarkt

 Immer mehr unsichere Jobs: Rund 226.600 Menschen in der Region Hannover arbeiten in Teilzeit, Leiharbeit oder haben einen Minijob als alleiniges Einkommen. Damit ist der Anteil der so genannten atypischen Beschäftigung an allen Arbeitsverhältnissen im vergangenen Jahr auf einen Rekordwert von 40 Prozent gestiegen. Das kritisiert die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Die Gewerkschaft beruft sich hierbei auf eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die die Entwicklung am Hannoveraner Arbeitsmarkt seit dem Jahr 2003 untersucht hat. Damals lag die Quote atypischer Jobs hier noch bei 30 Prozent.
IG BAU-Bezirkschefin Stephanie Wlodarski spricht von einem „Alarmsignal an die Politik“: „Es kann nicht sein, dass wir einerseits einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben, aber andererseits so viele Menschen in prekären Verhältnissen arbeiten“, sagt Wlodarski. Hier sei „grundsätzlich etwas in Schieflage geraten“. Der unbefristete Vollzeit-Job müsse dringend wieder zum Normalfall werden, fordert die IG BAU Niedersachsen-Mitte.
Nach Angaben der Böckler-Stiftung hat in der Region Hannover besonders die Teilzeit-Beschäftigung drastisch zugenommen: Arbeiteten 2003 noch 79.100 Erwerbstätige in Teilzeit, waren es 2016 bereits rund 134.400 – ein Anstieg von 70 Prozent. „Gerade für Frauen ist es nach einer Familienpause enorm schwer, wieder voll in den Beruf einzusteigen. Gegen die Teilzeit-Falle brauchen wir endlich ein verbrieftes Rückkehrrecht in Vollzeit“, ist Stephanie Wlodarski überzeugt. Ein entsprechender Gesetzentwurf der großen Koalition war in diesem Frühjahr am Widerstand der Union gescheitert.
Auch bei Minijobs gibt es der Studie zufolge keine Entwarnung: Rund 74.800 Menschen in Hannover waren 2016 ausschließlich geringfügig beschäftigt (2003: 62.400). In der Gebäudereinigung machten Minijobs mittlerweile die Hälfte aller Arbeitsplätze aus, berichtet Gewerkschafterin Wlodarski. Auch hier seien es insbesondere Frauen, die nach einem Jobverlust oder einer Trennung oft schnell in Hartz IV abrutschten.
Mit Blick auf die Bundestagswahl im September fordert die IG BAU Niedersachsen-Mitte von den Parteien klare Konzepte „gegen die Unwucht am Arbeitsmarkt“. Dazu müsse die Abschaffung der Befristungen ohne sachlichen Grund genauso gehören wie die Einbeziehung von Minijobs in die Sozialversicherung. „Dabei sind auch die Arbeitgeber in der Pflicht. Statt aufs Billig-Prinzip sollten Chefs auf Kontinuität setzen“, betont Wlodarski. Wer heute vollwertige Stellen schaffe, brauche sich morgen nicht um fehlende Fachkräfte sorgen.

 

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