Donnerstag, 11. Oktober 2012
Es gibt keinen Presseball mehr...
Letztes Jahr schon fiel er in Niedersachsen aus und auch dieses Jahr sind Vorboten nicht zu entdecken: Es gibt keinen hannoverschen Presseball mehr.
Nur noch in Berlin und Hamburg und bei der unbezahlten Jugendpresse.
Stattdessen in den Redaktionen Kündigungen und "Outsourcing" allenthalben.
Und bei den kleineren Medien Quereinsteiger aus anderen Berufen, die alles machen, was so anliegt.
Sowohl Tageszeitungen als auch Wochenblätter scheinen nur noch als Mantel für Prospektbeilagen der Global Player zu dienen.
Die Handvoll "echter" Journalisten im Deutschen Journalistenverband Niedersachsen reicht offensichtlich nicht, um einen glanzvollen Ball auszurichten, wie es ihn früher in Hannover gab:
Als Highlight des Jahres und absolutes Muss für die Prominenz, sich dort sehen zu lassen. Man kungelte schon Monate vorher um die besten Karten, ließ sich bei Erika Knoop das Ballkleid anfertigen, die Herren suchten nach den Vatermörderkragen im Schrank.
Und das, obwohl Deutschland boomt, auch Hannover, zumindest im Immobilienmarkt.
Hier wird auf Teufel komm raus Eigentum erworben, vor allem von Finanzkrisen-Flüchtlingen als sichere Geldanlage.
Ein Hausmeister berichtete mir aber fast nur von auswärtigen Investoren, die nicht selbst einziehen, sondern möglichst teuer vermieten.
Das bedeutet für Hannover doch, es entsteht hier keine echte städtische Gesellschaft mehr, selbst wenn auf dem Hanomag-Gelände ein ganz neuer Stadtteil mit Lofts und allem Schickimicki im Bau ist.
Welche der Investoren von sonstwoher kämen denn zu einem hannoverschen Presseball, dem die markanten Journalistinnen und Journalisten zusehends ausgegangen sind? Und ihre Mieter scheinen ebenfalls auf Fluktuation angelegt zu sein, denn in der Globalisierung muss man schnell den Wohnort wechseln können. Auch gibt es immer weniger alteingesessene Familien als mögliche Ballteilnehmer. Herr Schmorl besitzt seine gleichnamige Buchhandlung nicht mehr, viele andere strichen ebenfalls die Segel, zum Beispiel Heutelbeck.
Dabei ist Hannover ein geschichtsträchtiger Ort bezüglich Presse: Rudolf Augstein gründete hier den "Spiegel", Henry Nannen den "Stern"; Gerd Kröncke, mit Journalistenpreisen ausgezeichnet (unter anderem dem Egon-Erwin-Kisch-Preis für die Paparazzi-Story "Der Mann, den Lady Di aushält."), nach London, später Paris abgewandert, lernte bei der Hannoverschen Presse. Seine damals eher links orientierte Frau Angelika, geborene Schumann (der Vater war Dichter), ebenfalls. Ich übrigens auch.
Ingeburg Peters
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