Dienstag, 24. August 2010

50 Jahre Spanier in Hannover – Fiesta Española


Spanisches Kulturfest im Historischen Museum Hannover
am 4./5. September 2010



Vor 50 Jahren schloss die Bundesrepublik Deutschland mit Spanien ein Anwerbeabkommen ab, mit dem junge Männer und Frauen als sogenannte „Gastarbeiter“ nach Deutschland geholt wurden. Im damaligen Wirtschaftsboom der jungen Republik herrschte gravierender Arbeitskräftemangel, der durch die Anwerbung ausländischer Arbeiter behoben werden sollte. Nachdem schon 1955 ein solches Anwerbeabkommen mit Italien geschlossen wurde, folgten Griechenland und Spanien dann 1960. Die Abkommen regulierten den Prozess der Arbeitsmigration von der Arbeitsvermittlung im Partnerland, über die Auswahl von Bewerbern bis hin zu Fragen der Reise, des Lohns oder des Familiennachzugs.
Große Hannoveraner Betriebe wie Continental, Volkswagen, Bahlsen, Hanomag, Üstra oder Telefunken wurden für viele Spanierinnen und Spanier zu Arbeitgebern. Bis 1973 waren sie die größte Gruppe ausländischer Arbeitnehmer in Hannover. Gerade Spanier prägten damit das Bild der Hannoveraner von „den Gastarbeitern“, gerade sie leisteten Pionierarbeit der Integration. Keine leichte Aufgabe, ging es doch vielen darum einerseits die eigene kulturelle Identität zu bewahren und weiter lebendig zu erhalten, andererseits sich in der neuen Heimat Akzeptanz zu verschaf-fen, Kontakte aufzubauen und sich in die hiesige Kultur einzufinden. Das Bedürfnis, diese Anforderungen zu meistern, zeigt sich etwa in den zahlreichen Theater-, Musik- und anderen Kulturvereinen, die von spanischen Arbeitsmigranten gegründet wurden. Viele von ihnen bestehen bis heute mit dem Ziel nicht nur die kulturelle Identität des Herkunftslandes zu bewahren, sondern sich auch der Stadtgesellschaft des neuen Zuhauses zu öffnen und sich aktiv in dessen kulturelles Leben einzubringen
Heute ist längst klar, dass die Idee von der „Gastarbeit“ sich nicht durchgesetzt hat. Viele, die ursprünglich selbst nur für einige Jahre in Deutschland bleiben und Geld verdienen wollten, um sich zu Hause eine Existenz aufzubauen, sind geblieben. Ihre Anwesenheit hat die Stadtgesellschaft nachhaltig verändert, hat sie bunter und attraktiver gemacht. Allerdings ist die Geschichte der Arbeitsmigranten, die von „Gastarbeitern“ zu Bürgern und Bewohnern geworden sind, kaum aufgearbeitet. Lange Zeit standen einer Beschäftigung hiermit politische Faktoren im Wege. So sträubte sich die Politik lange Zeit dagegen, die Bundesrepublik Deutschland als Einwanderungsgesellschaft zu betrachten und die Realität anzuerkennen, dass viele Gastarbeiter keine Gäste mehr, sondern Bewohner und Bürger geworden sind. Erst seit einigen Jahren zeigt sich hier ein Wandel. Damit wird es gerade für kommunale Stadt- und Geschichtsmuseen eine dringliche Aufgabe, sich intensiv mit der Geschichte der Migration zu befassen und diese in ihre Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramme einzubeziehen.
Das Historische Museum Hannover gehörte mit der Sonderausstellung „Hiergeblie-ben. Zuwanderung und Integration in Niedersachsen 1945 bis Heute“ im Jahr 2002/03 zu den Pionieren der musealen Beschäftigung mit der Geschichte der Migration. Mittlerweile ist die Aufarbeitung der Migrationsgeschichte Hannovers wichtiger Bestandteil der Forschungs- und Ausstellungstätigkeit des Museums. Das Fest zum Jubiläum des Anwerbeabkommens mit Spanien ist ein weiterer Schritt auf diesem Weg. Die Geschichte der spanischen Arbeitsmigration wird am Samstag, dem 4.9. in einem Vortrag des Experten Juan Manuel Aguirre kritisch beleuchtet. Der Beitrag der spanischen Arbeitsmigranten zum kulturellen und sozialen Leben Hannovers wird am Sonntag durch zahlreiche Darbietungen und Präsentationen spanischer Kulturvereine gewürdigt. Schließlich zeigen sie auch, wie lebendig das spanisch-deutsche Leben in Hannover gegenwärtig ist, wovon nicht zuletzt die Deutsch Spanische Gesellschaft Niedersachsen e.V. zeugt, die einer der Kooperationspartner des Festes ist.
Die Idee zu der Veranstaltung entstand während der Arbeit an dem Ausstellungsprojekt „Geteilte Erinnerungen. Die Geschichte der »Gastarbeit« in Hannover“(2.2. bis 27.3.2011). Die Ausstellung ist Teil einer großangelegten Sammlungserweiterung zur Geschichte der Arbeitsmigration nach 1945. Wie die meisten städtischen Museen hat auch das Historische Museum Hannover hier erheblichen Nachholbedarf. Zukünftig wird die Geschichte der Arbeitsmigration als wichtiger Teil der Stadtgeschichte dann auch in die Dauerausstellung integriert werden.

Die Veranstaltung ist ein Kooperationsprojekt des Historischen Museums Hannover, des Spanischen Generalkonsulats in Hannover sowie der Deutsch Spanischen Gesellschaft Niedersachsens e.V.

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