Presseinformation der Verbraucherzentrale Niedersachsen
28/2014
Wie man Stroh zu Gold spinnt
Hannover, 08.05.2014 – Der
Zusatz von Fasern aus dem Halm des Weizens, also Stroh, in Backwaren
ist Methode, Lebensmittel vollwertiger scheinen zu lassen als sie sind.
Bei einer Marktüberprüfung von Backwaren in Hannover fielen vier
Erzeugnisse mit dieser Zutat auf. Zum Teil wurden diese Produkte als
besonders ballaststoffreich (und somit gesund) beworben. Dass der
Einsatz dieser Strohfasern auch zu einem höheren Wasseranteil im Brot
und somit mehr Gewicht beiträgt, scheint dabei mehr als ein zufällig
positiver Nebeneffekt für die Hersteller zu sein.
Vollkornbackwaren
sind natürlicherweise ballaststoffreich und gelten als vollwertig und
gesund. Trotzdem werden sie von vielen Verbrauchern lieber links liegen
gelassen. Grund: Misch- und Mehrkornbrote sind oft weicher, saftiger und
milder im Geschmack. Damit Verbraucher herkömmliche Backwaren mit
geringem oder ohne Vollkornanteil nun ohne schlechtes Gewissen genießen
können, werden sie von einigen Herstellern künstlich mit Ballaststoffen
aufgepeppt. Die verwendeten faserigen Ballaststoffkonzentrate werden
z.B. aus den Halmen des Weizens gewonnen – sind also technologisch
aufbereitetes Stroh! Die Verwendung des Stroh-Extraktes hat neben der
Ballaststoffanreicherung den Vorteil für den Hersteller, dass die Fasern
zusätzlich Wasser binden. Dies führt zwangsläufig zu mehr Saftigkeit,
einer erhöhten Teigausbeute und somit mehr Gewicht des Brotes.
Bei
einer Überprüfung in Hannover sind vier Erzeugnisse mit
Weizenhalmfasern in der Zutatenliste aufgefallen. Diese loben auf den
Verpackungen teilweise den Vorteil eines hohen Ballaststoffgehaltes aus:
Mehrkornbrötchen „Vital & Fit“, das Toastbrot und das Sandwichbrot
„Balance active" von der Harry-Brot GmbH sowie die Mehrkornbrötchen
„Vital & Fit“ von Goldähren Brotland GmbH. Der Anteil
Weizenstrohfaser vom Toast und dem Sandwich macht mit 1,5 Prozent rund
ein Viertel des Ballaststoffgehaltes aus (Durchschnittlicher
Ballaststoffgehalt pro 100 Gramm: 6,8 Gramm). Bei den Mehrkornbrötchen
gibt es gar keine Angabe, wieviel „Stroh im Brot steckt“. Mit der
Auslobung der Weizenhalmfasern: „Die sieht man nicht und schmeckt man
nicht, sie machen Balance activ jedoch so ballaststoffreich wie ein
Vollkorn-Sandwich/Toast“ entsteht für den Verbraucher der Eindruck,
dass Weizenhalmfaser eine besonders wertvolle Zutat ist. Das stimmt
jedoch nicht. „Auf den Inhalt, nicht auf die Werbung kommt es an.“
kommentiert Brigitte Ahrens der Verbraucherzentrale. „Der Vorteil bei
der Verwendung von Vollkornmehlen im Gegensatz zu Weizenfasern ist neben
dem natürlich hohen Ballaststoffgehalt auch der Gehalt an Vitaminen und
Mineralstoffen“.
Die
Verbraucherzentrale fordert daher eine genaue Kennzeichnung der
Weizenhalmfaser auf der Verpackung. Schon aus der Verkehrsbezeichnung
sollen Verbraucher erkennen können, um welches Brot es sich handelt. Aus
dem „Weizenbrot mit 14 % Vollkornanteil“ muss ein „Weizenbrot mit
Vollkorn, Sonnenblumenkernen, Leinsamen und Weizenstrohfaser“ werden.
Die tabellarische Darstellung unserer Ergebnisse finden Sie unter:
www.verbraucherzentrale-niedersachsen.de/stroh-im-brot-tabelle
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