Sonntag, 17. September 2023

Im angestrahlten Blickpunkt: die neue enercity-Zentrale, während Hannovers schönstes Wahrzeichen abgeschaltet ist

Die Heiligen Hallen der enercity-Energie AG (im Besitz der Stadt), von deren Einnahmen Hannover lebt, sind eröffnet. 
Eine ausgesprochen skurrile Situation stellt sich hier dar, mit atemberaubender Lichtkunst im himmeloffenen Foyer (wesentlich schicker als bei der ebenfalls neu eröffneten TUI-Zentrale) und rundum zauberhaften Außenbereichen, die zur Ihme hin mit hohen Stahlgittern und elektronisch verschlossenen Pforten versehen sind. Ein freier Blick auf das verrottende Ihme-Zentrum ist dennoch möglich, geradezu der Logenplatz dafür.

Im Kiez wirkt dieser Prachtbau wie ein Ufo aus einer anderen Welt. Nordöstlich gegenüber bringt das bescheidene Café Safran von Jutta Gotthard eine menschliche Atmosphäre in die heruntergekommene Braunstraße. 
Zur Südseite befinden sich die abgewrackte Berufsschule sowie das UJZ Glocksee, das schon lange keinen Dauervertrag mehr bekommt.

Am nahen Küchengarten bietet direkt vor dem Eingang des Heizkraftwerks der zugewachsene Kalvarienberg, wie ich ihn nenne, Unterschlupf im Grünen für zahlreiche Obdachlose. An der Limmerstraße Höhe Rewe sind bei DennsBio wieder die Scheiben eingeschlagen. Hier feiert ein enormes Aufkommen von Alkoholikern und Junkies rund um die Uhr.

Und im Mittelpunkt nun der glänzende Zuckerguss modernster Architektur, dessen Boden nur noch aus Kabeln besteht, die den neuesten technischen Standard sichern.

Der gesamte Zustand unserer Gesellschaft wird mit diesem Vatikan der Energieversorger im verarmten Umfeld wie mit einem Spotlight von mir hannöversch beleuchtet.

Statussymbol Üstra-Gehry-Tower im abgewrackten Steintorviertel wirkt hingegen wie das Kabinett des Dr. Caligari. Von den krampfhaften, werblich durch die belästigende Städtereklame begleiteten, Bemühungen im leerstehenden Kaufhofgebäude "aufhof" ganz zu schweigen. 

Nun dieses luftige perfekte Highlight: im Innenraum rot beleuchtete Querverbindungen, teilweise mit Treppen versehen, die ein wenig an den misslungenen Nord-LB-Turm erinnern. 

Wahrlich schlechte Zeiten, in denen die warme, weithin sichtbare, ästhetische Beleuchtung der drei Heizkraftwerkstürme abgeschaltet ist, die mit LEDs den Stromverbrauch eines Föns hatten, und zum überregional gefeierten neuen Wahrzeichen Hannovers wurden, die Freude der Bevölkerung. 

Auch als die Stadt den gesamten Stadtpark gegenüber dem Ihmezentrum mit gesunden alten Bäumen abholzen ließ, wegen einer einzigen von den Stadtwerken kontaminierten Stelle, hätte ein Amphitheater als Sickergrube bei #Überschwemmungen genügt...

Der Specht fällt neuerdings auf aufgeschäumte Dämmplatten herein, wie sie auch der alte Teil der neuen enercity-Zentrale hat, hämmert ein Loch, aber da ist kein Baum. Auch ich klopfte gestern vorsichtig daran, sofort schlug der Hund der externen Security-Firma an... 

Bert Brecht: Was sind das für Zeiten, wo
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!
Ingeburg Peters

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