Dienstag, 20. November 2012

Forderungen nach umweltverträglichen Mobilfunk- und Stromnetzen



Als Ecolog in Hannover-Linden gegründet wurde, portraitierte die Ihme-City-Zeitung bereits das engagierte Wissenschaftler-Team. Das Neueste nun im untenstehen Bericht von Dr. H.-Peter Neitzke (ip-Foto).


Viele tausend Kilometer Stromnetz-Erweiterung für bis zu 20 Milliarden Euro planen die Netzbetreiber.


Hannover (ip).„Das größte Problem ist,“ sagt Dr. H.-Peter Neitzke vom Ecolog-Institut in der Nieschlagstraße, „dass immer mehr neue Technologien eingeführt werden, ohne dass vorher untersucht wurde, wie sich diese auf Umwelt und Gesellschaft auswirken“. 
Der Wissenschaftler weiß, wovon er spricht. Schließlich forscht das ECOLOG-Institut bereits seit mehr als 20 Jahren auf diesem Gebiet. 
„Beim Mobilfunk gibt es mehrere parallel arbeitende Netze. 
Diese Konkurrenz ist vom Gesetzgeber gewollt. 
Sie führt aber dazu, dass viel mehr Sender betrieben werden als bei einem einheitlichen Netz nötig wären und dass die Belastung der Bevölkerung durch Funkwellen zusätzlich erhöht wird. 
Vor allem in den Ballungsgebieten ist das ein großes Problem.“

Die in Deutschland geltenden Grenzwerte sind nach Auffassung des ECOLOG-Instituts viel zu hoch. 
Von den Umweltverbänden aber auch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit werden schon seit vielen Jahren niedrigere Grenzwerte gefordert. Neitzke ist skeptisch, dass die Grenzwerte in absehbarer Zeit auf ein Niveau gesenkt werden, wie es aus Vorsorgegründen nötig sei: "Zum einen ist sich die Wissenschaft in der Bewertung der Forschungsergebnisse nicht einig, zum anderen stehen starke wirtschaftliche Interessen einem besseren Gesundheitsschutz entgegen."

Vom ECOLOG-Institut werden auch technische Verbesserungen bei den Mobiltelefonen gefordert. 
Eine Auswertung der Forschungsergebnisse durch eine unabhängige internationale Expertenkommission hat ergeben, dass die Benutzung von Mobiltelefonen das Hirntumorrisiko erhöht. 
Diese Bewertung beruht auf statistischen Untersuchungen an Personen, die ein Mobiltelefon über fünf und mehr Jahre häufig benutzt haben. 
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des ECOLOG-Instituts kritisieren, dass zwar viel getan wurde, um immer neue Anwendungen für Mobiltelefone auf den Markt zu bringen. 
Beim Gesundheitsschutz habe es dagegen kaum Verbesserungen gegeben.

Das ECOLOG-Institut arbeitet aber auch auf anderen "Baustellen". 
Dazu gehören die Energiewende und der Ausbau der Hochspannungsnetze. 
Neitzke kritisiert, dass der Ausstieg aus der Kernenergie und der Übergang zu den erneuerbaren Energien viel zu unkoordiniert vor sich geht. 
Vor den Küsten werden zum Beispiel zahlreiche Windenergieparks errichtet, deren Standorte nicht aufeinander abgestimmt sind. 
Deshalb müssen unnötig viele Stromkabel durch das empfindliche Wattenmeer gelegt werden und es kommt zu erheblichen Verzögerungen beim Anschluss der Windparks. 
Das ist aus Sicht des ECOLOG-Institut sowohl unter ökologischen als auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten unsinnig. 
Das Team des ECOLOG-Instituts hält die Energiewende für richtig. Es setzt sich aber dafür ein, dass die große Stärke der erneuerbaren Energien, nämlich dezentral zur Verfügung zu stehen, besser genutzt wird. 
Bisher werden einige Regionen vor allem im Norden Deutschland zu stark belastet, was dazu führt, dass vielerorts Bürgerinitiativen Widerstand gegen neue Anlagen leisten. 
Eine aktuelle Untersuchung des ECOLOG-Instituts im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz hat ergeben, dass die Nutzung der Windenergie von einer großen Mehrheit in der Bevölkerung befürwortet wird. 
Die von neuen Windparks betroffenen Bürgerinnen und Bürger sind aber nicht bereit, die Zerstörung ihrer Landschaft hinzunehmen, nur damit die Industrie im Süden genug Strom bekommt. 
Aufgrund des derzeitigen regionalen Ungleichgewichts zwischen Erzeugung und Verbrauch müssen außerdem viele neue "Stromautobahnen" quer durch Deutschland gebaut werden. 
Als Freileitungen führen diese nicht nur zu weiterer Landschaftszerstörung. Wenn sie zu dicht an Wohngebieten vorbeigehen, können sie die Belastung der Bevölkerung mit elektrischen und magnetischen Feldern stark erhöhen. 
Diese Nachteile und Gefahren könnten weitgehend vermieden werden, wenn Stromleitungen, auf die auch bei einem besser koordinierten Ausbau der erneuerbaren Energien nicht verzichtet werden kann, unterirdisch verlegt werden. 
Unterirdische Stromkabel wären auch besser geschützt gegen extreme Wetterereignisse, mit denen als Folge des Klimawandels künftig häufiger zu rechnen ist. 
"Erdkabel haben viele Vorteile, sie sind beim Bau aber oft etwas teurer als Freileitungen. 
Der Schutz der Landschaft und der Gesundheit der Menschen wird dann in der Regel dem Kostenargument untergeordnet" seufzt Neitzke.



Ein paar Tipps des ECOLOG-Instituts für den Alltag:
- nur mit Headset telefonieren
- Mobiltelefone kaufen, die geringere Belastungen verursachen (niedrige SAR-Werte)
- auf keinen Fall im Auto telefonieren – auch nicht mit Freisprecheinrichtung
- keine Mobiltelefone für Kinder
- bei Schnurlos-Telefonen nur neuere, emmissionsarme Modelle verwenden
- unter hannover.de ansehen, wo Mobilfunkantennen installiert sind und wohin sie hauptsächlich abstrahlen


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