Mittwoch, 25. November 2020

Orange ist auch die Farbe der #Sikhs - Religionen in Hannover


Dass eine Sikh-Gemeinde in Niedersachsen entstand, hängt mit einem blutigen Konflikt zwischen separatistischen Sikhs und der indischen Regierung in den 1980er Jahren zusammen. Die Situation eskalierte 1984, als die indische Armee im goldenen Tempel in Amritsar, dem zentralen Heiligtum der Sikhs, ein Blutbad anrichtete. Die Premierministerin Indira Gandhi wurde daraufhin von Sikhs aus ihrer eigenen Leibwache ermordet. Viele Gläubige entschieden sich für die Flucht nach Europa oder Nordamerika. Hari Singh Khalsa, der Präsident des Beirates der Gemeinde, deutet im Vorzimmer zum Gebetsraum auf ein Bild nach dem anderen. Auf den Miniaturen erleiden Märtyrer mit unbewegten Gesichtszügen alle nur erdenklichen Todesarten. Hier lässt sich ahnen, wie die religiöse Verfolgung schon seit Jahrhunderten das Selbstverständnis der Sikhs geprägt hat.

Harjinder Singh Chahal ist nicht als Flüchtling, sondern als Geschäftsmann nach Hannover gekommen. „Ich hätte gerne hier studiert“, erzählt er. „Aber ich habe gesehen, wie andere Inder studiert und hinterher als Kellner gearbeitet haben.“ Also wurde er sein eigener Chef und eröffnete das Restaurant „Taj Mahal“ in der Hinüberstraße. Er begrüßt ein junges Ehepaar, das zum ersten Mal in den Gurudwara gekommen ist. Ein neuer Job hat den Mann nach Hannover geführt. An diesem Sonntag, wenn sich die Sikhs zum Gebet und gemeinsamen Essen treffen, knüpfen die beiden erste Kontakte.

2003 eröffneten Gläubige aus Hannover und anderen niedersächsischen Städten den „Gurudwara Sri Nanak Darbar“. Rund 250 Familien gehören zur Gemeinde. Das flache, langgestreckte Gebäude im Hof der Berckhusenstraße 13 wurde zuvor vom benachbarten Imbiss genutzt. Jetzt hängt die orangefarbene Fahne des Khalsa, der spirituellen Bruderschaft innerhalb der Sikh-Gemeinschaft, vor dem Eingang. Rund achtzig Gläubige treffen sich an diesem Sonntag. Die Versammlungshäuser werden „Gurudwara“, Tor zum Guru, genannt. Seit 2016 gibt es noch einen zweiten Gurudwara in Hannovers Oststadt.

Außer Hari Singh Khalsa trägt noch ein anderer Mann die Attribute des Khalsa, die als „Fünf Ks“ bekannt sind: das ungeschnittene Haar (Kesh) unter dem Turban, den Holzkamm (Kanga), den ungeschorenen Bart, den Armreif (Kara) aus Eisen, den Dolch an der Seite (Kirpan) und die mehrlagige Unterhose (Kachehra) unter der traditionellen Kleidung. Sie sind Symbole für die Tugenden, zu denen sich die Mitglieder des Khalsa verpflichten: Reinheit und Selbstbeherrschung, Liebe zu Gott, Tapferkeit und Einsatz für das Gute.

„Gott lässt das Haar und den Bart wachsen, also schneiden wir es nicht ab“, erklärt Hari Singh. Nach dem 11. September 2001, berichten die beiden Männer, wurden sie häufig für Muslime gehalten und angefeindet. Die anderen Männer im Gurudwara sind westlich gekleidet. Alle Gläubigen und Besucher müssen jedoch das Haar bedecken. Die Männer knoten ein schlichtes Tuch um den Kopf, die Frauen tragen farbenprächtige Schleier.


Auch der in Hannover wohnende berühmte Comedian Peter Shub steht den Lehren des "Guru Nanak" nahe. 


Der Text stammt aus dem Buch "Religionen in Hannover", hg. vom Rat der Religionen, Hannover 2016.

ZUM WEITERLESEN:

Umfangreiche Informationen gibt es auf der Internetseite des in Hannover befindlichen Deutschen Informationszentrum für Sikhreligion, Sikhgeschichte, Kultur und Wissenschaft
http://www.deutsches-informationszentrum-sikhreligion.de

Sikhismus. Eine Kurzdarstellung. Hg. von der Indian Association Bonn e.V.
Die Broschüre ist im Gurudwara Sri Nanak Darbar kostenlos erhältlich und kann bestellt werden unter info@iab-online.org


Sonntag, 15. November 2020

Mein Haus ist meine Haut

 

Beispiel aus meinem Klagemauer-Kunstprojekt der verschwundenen hannoverschen Firmen, inbesondere über den Niedergang des technischen Kaufhauses Brinkmann, mit dem ich beste Kontakte pflegte. Ip

Als die Schriftstellerin sah, dass es außer „ihrer Rose“ noch viele tausend andere gab, dachte sie an all die Stunden der Zuwendung, die sie miteinander geteilt hatten. Diese waren es, die ihre Rose einzigartig machten.

Ebenso verhält es sich mit meinem Haus:

Tragende Wände entfernt und neue Träger eingezogen; Fenster zur Südseite eingebaut; Toiletten; Duschen; Heizung; Hannoversche Türen; Holzböden abgeschliffen; Dachfenster repariert; Steckdosen gelegt; Fliesen angebracht, Bildergalerie im Treppenhaus eingerichtet, Ginkgo im Gaertchen gepflanzt.

Einiges davon wurde teilweise im Ramadan ausgeführt, als sich die Handwerker die Füße im neuen Waschbecken wuschen und dann zum Gebet zu Boden sanken.

Beim Talente-Tauschring sollte ein Einbau 80 Talente kosten, leider wurden dabei meine Talente ums Hundertfache überschritten.

Verrechnungsgeschäfte habe ich für Fenster-Lamellenvorhänge und –bänke getätigt:  

Von Möbel-Wilhelm, RZ-Möbel und anderen kamen unverkäufliche Reststücke, der Gong im Treppenhaus vom Fair-trade-Laden, von Hupe die Kunststofftüren, den Feldjägern Bothfeld klappbare Eisenbetten, vom Trödel der lange Refektoriumstisch. 

Das Klavier von Chorleiterin Susanne Behr, die Küche von Staude (dort Rita Pawelskis beim Kochen angeschlagene Fingernägel fotografiert), der gemütliche Ohrensessel von Sensationsjournalist Ehrenfried Pospisiel.

Fast über jeden Nagel in der Wand gibt es eine amüsante Story.

Und weitere Geschichten kann dieses Haus erzählen:

Flamenco-Party von Tierra, Dichterlesungen mit Bernhard Taureck, Deniz Utlu und mir, Stimmbildungsseminare des Peter Missler, Ostfriesische Teestunde auf dem Dachboden mit Knueppeltorte und Prof. Siegfried Neuenhausen, Autorin Dr. Claudia Toll, Malerin Lucia Steigerwald, Architektenkammer u.v.a.m., JournalistinnenFeten mit ver.di und illustren Gästen, Diskussionsrunden mit Wienke Zitzlaff von der SapphoStiftung und PoetrySlammerin Marlene Stamerjohanns, Feministin Lilo Zack (Musiktheater Doppelaxt) usw.. 

Thingplaetze für Verwandte und Verschwaegerte sowie Schüler*innen-Gruppen aller Altersstufen, Baenkelgesang mit Buchhaendler Peter Sutor, Tafelgruenderin Rosemarie Wallbrecht, Prof. Heide Tegeder u. a., Bauchtanzabende mit Bildhauerin Ulrike Enders und Malerin Elke Lixfeld, im 1.Stock Veteranentreffen der Pogo-Punk-Partei, ACDC-Fans und Eminem- Verehrerinnen; meine Initiative "ZweiteGlockseeschule"-Versammlungen mit Studienraetin Elisabeth C. Gruendler, Mauricio Wild in Begleitung eines Indianers aus Ecuador, sowie dem Inhaber von Radgeber, Dietrich Sudikatis; Kinderfasching mit der gesamten Nachbarschaft und Freund*innen-Sprösslingen, Kinderladenelternabende, Tauschringtreffen, Großbürgerliche Riesenweihnachtsbäume und Feste mit Familie oder auch Geschaeftsfreund*innnen, vor allem aber mein Zeitungmachen ohne Ende, sowie Kommunikation mit Menschen aus aller Welt, direkt oder per Internet.

Dieses Haus, das ich be-sitze, auf dem ich be-stehe, ist kein Rendite-Objekt. Es ist meine Heimat und Haut. Neulich stand dennoch wieder der altbekannte Polizeispitzel im Hof und fotografierte meine Liegen-schaft ... 

Auch andere ähnlich ambitionierte Hausbesitzerinnen werden derzeit von Immobilienhaien und Politik massiv bedrängt, oder wenigstens zum Vermieten gedrängt, obwohl sie gar keine richtigen „Vermieter“ sind, solche, die zig Mietshäuser ausbeuten und nicht selten vergammeln lassen, weil „nur“ Studenten oder Sozialmieter darin wohnen.

Die Gewinne der Hedgefonds wollen in festem GrundundBoden-Gold angelegt sein, auch in Norddeutschem Backstein oder historischen Lavesbauten zum Beispiel.

Manch Reicher kauft und verkauft zwar relativ locker und ohne Emotionen seine Häuser; die Armen aber, wo beispielsweise Opa das Gartentor noch selbst kunstvoll geschmiedet hatte, den Kirschbaum vorm Fenster gepflanzt, sehen den Verlust ihrer persönlichen Freiheit durch den gierigen Kapitalismus wie ein Gespenst vor sich.

So als müssten sie demnächst ihre Bekleidung vermieten, oder sich gar die Haut abziehen lassen.

Ingeburg Peters


Freitag, 13. November 2020

Remembrance of things past: Heute "Georgengarten"

Der hannoversche Landschaftsgarten Georgengarten ist das Werk der Kurtisanen des Koenigshauses. In den Kavaliershaeusern haust heute ein Investor, die GBH verscherbelte sie einfach... 
Mit meinem Kulturmagazin mittendrin (www.ingeburgpeters.de) bewirkte ich das Pflegewerk Georgengarten (Blickbeziehungen wiederherstellen, abgerundete Wegfuehrungen etc.), um den ParkCharakter zu löschen, den sogar Prof. Meyer, der ins Königshaus eingeheiratet hatte, mit seinen albernen Blumenrabatten vorm WilhelmBuschmuseum unterstützte.
Ich besuchte ihn und seine königliche Gattin 1986, kurz vor seinem Tod, zuhause auf dem Land. Für Details verwies er aber auf seine Sekretärin in Hannover. Die wisse alles. 
So ist das mit den Sekretärinnen und Kurtisanen... Ip

Montag, 9. November 2020

Sich erfolgreich behaupten?

In einem zweistufigen Verfahren hatte die Jury für den Stadt-Hannover-Preis „Frauen machen Standort“ 2020, bestehend u.a. aus Vertretungen der IHK, der Handwerkskammer, den Ratsgremien, der Wirtschaftsförderung und des DGB folgende Kriterien:

Das Unternehmen behauptet sich erfolgreich am Markt. Es ist ein Bewusstsein für geschlechtergerechte Arbeitsteilung vorhanden. Das Unternehmen trägt zur Imageverbesserung der LHH bei. Das Unternehmen berücksichtigt die Nachhaltigkeitsgrundsätze.

Nun, Dinosaurier wie #IHK, #Handwerkskammer und #DGB in eine solche Jury zu holen, um zu beurteilen, ob ein weibliches Unternehmen sich behauptet, ist schlichtweg anachronistisch. Selbst kleinere und mittlere Handwerks- und andere Unternehmen vertreten sich heutzutage selbst und müssen dies notgedrungen wegen ihrer jeweils besonderen Lage. 

Und dann der Markt, an dem das Frauenunternehmen erfolgreich sein soll... Gibt es den denn überhaupt noch? Ich kann nirgendwo mehr einen Markt erkennen, nur noch Konzernbildung, Shareholder Value und einige Nischen. 

Ein Beispiel zur Verdeutlichung: H. J. Flebbe hat als Student der Wirtschaftswissenschaften in dem kleinen Apollo-Kino in der Limmerstrasse das Programm gemacht, spaeter große ProgrammKinos eröffnet und schließlich weiterverkauft. 

Ich gründete Hannovers 1.Backpacker-Hostel, hatte dann reichlich Angebote, weitere zu eröffnen, und schließlich wäre alles von einem Konzern uebernommen worden. Auf diese Weise Millionärin wie Flebbe geworden, könnte ich in Waldhausen residieren wie er und Schröders und andere Promis, z. B. Wolfgang Juettner, statt mich in der Lenaustraße mit Dealern herumzuaergern. 

Aber wäre das nachhaltig? 


Ingeburg Peters